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9-EUR-Ticket: Lohnsteuerliche Behandlung von Zuschüssen des Arbeitgebers

Das Bundesfinanzministerium hat sich dazu geäußert, wie Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Personennahverkehr während der Gültigkeitsdauer des 9-EUR-Tickets lohnsteuerlich zu behandeln sind.

Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu deren Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, sind hinsichtlich der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers beschränkt.

Für Juni, Juli und August 2022 wird es nicht beanstandet, wenn Zuschüsse des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Kalendermonat übersteigen, soweit die Zuschüsse die Aufwendungen bezogen auf das Jahr 2022 insgesamt nicht übersteigen (Jahresbetrachtung). Werden für 2022 insgesamt höhere Zuschüsse gezahlt, als der Arbeitnehmer Aufwendungen hatte, ist der Differenzbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.

Beachten Sie | Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 15 EStG mindern den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag und sind vom Arbeitgeber zu bescheinigen.

Quelle |BMF-Schreiben vom 30.5.2022, Az. IV C 5 – S 2351/19/10002 :007, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 229455


Gewinnermittlung: Zur zeitlichen Zuordnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen

Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs setzen regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Ende des Kalenderjahres ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind. Dies ist insbesondere bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen zu beachten.

Hintergrund: Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung sind Ausgaben grundsätzlich in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Allerdings gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr geleistet.

Beachten Sie | Als kurze Zeit gilt ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen.

Sachverhalt

Im Streitfall ermittelte ein Steuerpflichtiger seinen gewerblichen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung. Obwohl er die Umsatzsteuer für die Monate Mai bis Juli 2017 verspätet erst am 9.1.2018 zahlte, machte er die Aufwendungen dennoch als Betriebsausgabe für das Streitjahr 2017 geltend.

Das Finanzamt gewährte den Abzug in 2017 allerdings nicht, weil keine regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben vorlagen. Denn die Umsatzsteuer sei nicht rund um die Jahreswende 2017/2018, sondern weitaus früher fällig geworden. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg – und auch der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück.

Zwar handelt es sich – so die Begründung des Bundesfinanzhofs – bei Umsatzsteuerzahlungen um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Zudem hatte der Steuerpflichtige die dem Streitjahr 2017 wirtschaftlich zuzuordnende Umsatzsteuer auch innerhalb kurzer Zeit nach dem 31.12.2017 gezahlt.

Hinzukommen muss aber, dass die jeweilige Ausgabe kurze Zeit vor bzw. nach Ende des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden ist. Dies folgt aus dem Zweck des §11 Einkommensteuergesetz (EStG), der eine Ausnahme des ansonsten für die Einnahmen-Überschussrechnung geltenden Zu- bzw. Abflussprinzips darstellt.

Durch diese Regelung sollen Zufälligkeiten vermieden werden, die bei strikter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips entstünden, würde man die Zahlung – je nach Zahlungszeitpunkt – mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen. Deswegen ist es notwendig, dass die Zahlung auch innerhalb des mit zehn Tagen festgelegten kurzen Zeitraums rund um den Jahreswechsel zahlbar – das heißt fällig – geworden ist. Anderenfalls könnten Nachzahlungen für bereits längst fällig gewordene Verpflichtungen zu einem vom Zeitpunkt der Zahlung unabhängigen Betriebsausgabenabzug führen.

Quelle |BFH-Urteil vom 16.2.2022, Az. X R 2/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 229398; BFH PM Nr. 21/22 vom 27.5.2022


Vorsteuer-Vergütungsverfahren: Anträge sind bis zum 30.9.2022 zu stellen

Wurden Unternehmer in 2021 im EU-Ausland mit ausländischer Umsatzsteuer belastet und möchten sie diese erstattet haben, muss der Antrag bis zum 30.9.2022 in elektronischer Form beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingehen.

Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern, die vorsteuerabzugsberechtigt sind, unter bestimmten Voraussetzungen die dort gezahlte Umsatzsteuer. Ist der Unternehmer im Ausland für umsatzsteuerliche Zwecke nicht registriert, kann er die Vorsteuerbeträge durch das Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen.

Folgende Voraussetzungen sind u. a. zu beachten:

  • Der Antrag ist elektronisch über das BZStOnline-Portal (BOP) beim BZSt einzureichen. Papieranträge sind unzulässig.
  • Der Vergütungsantrag ist binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist – also bis zum 30. September. Für die Einhaltung dieser Frist genügt der rechtzeitige Eingang des Vergütungsantrags beim BZSt.
  • Die beantragte Vergütung muss mindestens 400 EUR oder einen entsprechend in Landeswährung umgerechneten Wert betragen. Bei einem Vergütungszeitraum, der das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum des Kalenderjahrs ist, muss die beantragte Vergütung mindestens 50 EUR betragen.

Das BZSt entscheidet über die Weiterleitung des Antrags an den Mitgliedstaat der Erstattung innerhalb von 15 Tagen. Lehnt das BZSt nach Prüfung des Antrags die Weiterleitung ab, erhält der Antragsteller einen Bescheid an die im Antrag angegebene Anschrift.

Praxistipp | Ob sich der administrative Aufwand lohnt, hängt sicherlich primär von der Höhe der gezahlten Vorsteuern ab. Weitere Einzelheiten erfahren Sie unter www.iww.de/s6495.

 


Informationen zur elektronisch unterstützten Betriebsprüfung in der Sozialversicherung

Bereits mit Wirkung zum 1.1.2012 wurde in der Sozialversicherung die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP) eingeführt. Das Verfahren sieht die Annahme der zur Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch (SGB) IV notwendigen Arbeitgeberdaten im elektronischen Verfahren vor. Auf ihrer Website hat die Deutsche Rentenversicherung Bund aktuelle Fragen beantwortet.

Sofern Arbeitgeber an der optional angebotenen euBP teilnehmen, können die Rentenversicherungsträger verlangen, dass die Übermittlung der erforderlichen Daten zum Zweck der Betriebsprüfung in einer einheitlich vorgegebenen Struktur erfolgt.

Ab dem 1.1.2023 sind die für die Prüfung notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln. Auf Antrag des Arbeitgebers kann für Zeiträume bis zum 31.12.2026 auf eine elektronische Übermittlung der gespeicherten Entgeltabrechnungsdaten verzichtet werden.

Beachten Sie | Der Antrag ist formlos und unter Angabe der Betriebsnummer an den Rentenversicherungsträger zu senden, der für die Betriebsprüfung zuständig ist.

Grundsätzlich ersetzt die euBP nicht die Betriebsprüfung vor Ort. Sofern der Arbeitgeber allerdings daran teilnimmt und diese mit den gelieferten Daten abgeschlossen werden kann, entfällt eine weitere Einsichtnahme der Unterlagen vor Ort.

Praxistipp | Weiterführende Informationen erhalten Sie auf der Website der Deutschen Rentenversicherung Bund unter www.iww.de/s6497.

Quelle | Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BGBl I 2011, S. 3057


Veräußerungsgewinn für gemischt genutzten Pkw voll steuerpflichtig?

Fast jeder Betriebsinhaber nutzt einen dem Betriebsvermögen zugeordneten Pkw zum Teil privat. Wird der Pkw verkauft, muss der komplette Veräußerungsgewinn versteuert werden – und zwar auch für den privat genutzten Anteil. Hierzu ist aber nun eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Nutzen Unternehmer einen Pkw zu mindestens 10 % für betriebliche Zwecke, dann haben sie die Wahl: Sie können den Pkw als gewillkürtes Betriebsvermögen oder als Privatvermögen behandeln. Wird der Pkw zu mehr als 50 % betrieblich genutzt, handelt es sich zwangsläufig in vollem Umfang um Betriebsvermögen. Das wirkt sich wie folgt aus:

  • Sämtliche Kfz-Kosten sind als Betriebsausgaben abzugsfähig (Abschreibung,
    Treibstoff etc.).
  • Der Anteil der privaten Mitbenutzung ist als Entnahme zu versteuern.

Wird der dem Betriebsvermögen zugeordnete, teilweise privat genutzte Pkw veräußert, unterliegt der gesamte Veräußerungsgewinn (= Unterschiedsbetrag aus Buchwert und Veräußerungserlös) der Besteuerung. Der Bundesfinanzhof hat das jüngst bestätigt: Dass die tatsächlich für den Pkw beanspruchte Abschreibung infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt

  • weder eine nur anteilige Berücksichtigung des Verkaufserlöses bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns
  • noch eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden Abschreibung.

Beachten Sie | Diese ungünstige Rechtsprechung steht nun auf dem Prüfstand beim Bundesverfassungsgericht.

Quelle | BFH-Urteil vom 16.6.2020, Az. VIII R 9/18; BVerfG Az. 2 BvR 2161/20


Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung: Ist eine Rücklage zulässig?

Übernimmt ein Folgearbeitgeber eine Pensionsverpflichtung, kann insoweit ein Übernahmefolgegewinn entstehen, als die übernommenen Vermögenswerte den bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Übernahme fortentwickelten steuerlichen Anwartschaftsbarwert übersteigen. Fraglich ist, ob für einen solchen Übernahmefolgegewinn eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) gebildet werden kann. Das Finanzgericht Nürnberg meint „ja“.

Hintergrund: Nach § 5 Abs. 7 S. 5 EStG kann für einen Gewinn jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist.

Für das Finanzgericht sprechen der Wortlaut, der Gesetzeszweck und die Gesetzessystematik des § 5 Abs. 7 EStG entgegen der Sichtweise der Finanzverwaltung dafür, dass auch für einen solchen Übernahmefolgegewinn eine Rücklage zulässig ist.

Beachten Sie | Soweit ersichtlich hat sich das Finanzgericht Nürnberg als erstes Steuergericht mit dieser Problematik befasst. Man darf also gespannt sein, wie sich der Bundesfinanzhof hierzu im Revisionsverfahren positionieren wird.

Quelle |FG Nürnberg, Urteil vom 10.8.2021, Az. 1 K 528/20, Rev. BFH: Az. XI R 24/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 227925


Werbungskosten: Projektcontrolling kann als Finanzierungsaufwand sofort abziehbar sein

Unter den (weit zu verstehenden) Begriff der Schuldzinsen können auch Kosten für ein Projektcontrolling fallen, wenn sie als Finanzierungskosten zu beurteilen sind, weil die Auszahlung der Darlehensraten durch die Bank davon abhängt, dass im Rahmen des Controllings für die Bank relevante Unterlagen vorbereitet und Controlling-Reports erstellt werden. Dies hat aktuell der Bundesfinanzhof entschieden.

Im Streitfall ging es um die Frage, ob Aufwendungen für das Projektcontrolling im Zusammenhang mit der Errichtung von fremdfinanzierten Vermietungsobjekten

  • sofort abziehbare Finanzierungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen oder
  • als Herstellungskosten nur im Wege der Abschreibungen berücksichtigt werden können.

Zu den Werbungskosten zählen Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Für den wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang kommt es einerseits auf den mit der Aufnahme der Darlehensschuld verfolgten Zweck (Erzielung von Einkünften) und andererseits auf die zweckentsprechende Verwendung der Darlehensmittel an.

Der Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist danach als gegeben anzusehen, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden.

Beachten Sie | Der Begriff der Schuldzinsen ist weit auszulegen:

  • Hierunter fallen sämtliche Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits. Dies umfasst auch die Nebenkosten der Darlehensaufnahme einschließlich der Geldbeschaffungskosten. Dabei ist die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern, das maßgebliche Auslegungskriterium.
  • Aufwendungen für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung sind als Schuldzinsen abziehbar, soweit diese Finanzierungszwecken dienen – und nicht der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Herstellungsvorgangs.
  • Zu den Finanzierungskosten rechnet zudem die Provision für eine Fertigstellungsgarantie, wenn sich die Bankinstitute ohne die Garantie nicht zur Hergabe der Kredite an die Bauherren bereitgefunden hätten.

Demgegenüber sind Herstellungskosten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

Beachten Sie | Bei der Abgrenzung zwischen sofort abziehbaren Finanzierungskosten und Herstellungskosten ist maßgebend, welchen Inhalt die Leistungen haben. Der Wortlaut der den Aufwendungen zugrunde liegenden Abmachungen ist regelmäßig nicht ausschlaggebend.

Im Streitfall waren die Projektcontrollingkosten nach Meinung des Bundesfinanzhofs sofort abziehbare Werbungskosten in Form von Finanzierungskosten – und keine Herstellungskosten. Denn die Controllingleistungen betrafen allein den Finanzierungsbereich. Die Aufwendungen dienten Finanzierungszwecken und nicht der Herstellung der Mietobjekte. Demnach handelte es sich um Nebenkosten der Darlehensaufnahme.

Quelle |BFH-Urteil vom 6.12.2021, Az. IX R 8/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 229139


Zahlen und Fakten zur Teil-Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Nach einer Schätzung werden 2022 noch rund 2,5 Millionen Steuerpflichtige mit dem Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer belastet sein. Dies hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion mitgeteilt.

Auch Kleinstanleger müssen auf ihre Kapitalerträge dem Grunde nach den Solidaritätszuschlag zahlen. Denn die Banken haben keine Kenntnis über die Höhe des zu versteuernden Einkommens ihrer Kunden. Somit behalten sie Abgeltungsteuer inklusive Solidaritätszuschlag ein, wenn die Kapitalerträge den Sparer-Pauschbetrag übersteigen. Eine Überprüfung und Erstattung des ggf. zu viel einbehaltenen Solidaritätszuschlags ist jedoch mit der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung und der Günstigerprüfung möglich.

Merke | Durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 hat sich für juristische Personen (z. B. die GmbH) nichts geändert. Sie müssen den Solidaritätszuschlag weiterhin auf die Körperschaftsteuer zahlen.

Quelle | Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, Drs. 20/1969 vom 23.5.2022; Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995, BGBl I 2019, S. 2115


Identifikationsnummer für Ukraine-Flüchtlinge

Das Bundeszentralamt für Steuern hat unter www.bzst.de am 2.5.2022 ein Merkblatt in deutscher und ukrainischer Sprache veröffentlicht. Darin enthalten sind Hinweise zum Verfahren bei der Vergabe der steuerlichen Identifikationsnummer (IdNr) für Geflüchtete aus der Ukraine.


Kinderreiche Eltern müssen bei der Pflegeversicherung entlastet werden

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, dass beitragspflichtige Eltern in der sozialen Pflegeversicherung unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet werden. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, bis zum 31.7.2023 eine Neuregelung zu treffen.

Zum Hintergrund: Derzeit gelten in der Pflegeversicherung folgende Beitragssätze:

Übersicht (Zahlen in Prozent)
Arbeitgeber Arbeitnehmer Summe
Allgemein 1,525 1,525 3,05
Kinderlose 1,525 1,875 3,40
Allgemein Sachsen 1,025 2,025 3,05
Kinderlose Sachsen 1,025 2,375 3,40

Der mit Wirkung zum 1.1.2005 eingeführte Beitragszuschlag für Kinderlose geht zurück auf das Pflegeversicherungsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2001. Dort stellte das Gericht fest, dass es nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen zusätzlichen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder.

Im gegenwärtigen System der sozialen Pflegeversicherung werden Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet. Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Beachten Sie | Das Bundesverfassungsgericht entschied allerdings auch, dass es bei der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung zulässig ist, dass Mitglieder mit Kindern mit einem gleich hohen Beitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden.

Quelle | BVerfG, Beschluss vom 7.4.2022, Az. 1 BvL 3/18, Az. 1 BvR 2824/17, Az. 1 BvR 2257/16, Az. 1 BvR 717/16; BVerfG, PM Nr. 46/2022 vom 25.5.2022


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