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Präimplantationsdiagnostik: Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen einer gesunden Steuerpflichtigen für eine durch eine Krankheit des Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein. So lautet eine steuerzahlerfreundliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Hintergrund: Bei der PID handelt es sich um ein genetisches Diagnoseverfahren zur vorgeburtlichen Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials, die eine Fehl- oder Totgeburt verursachen bzw. zu einer schweren Erkrankung eines lebend geborenen Kindes führen können. Es erfolgt eine zielgerichtete genetische Analyse von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.

Sachverhalt

Bei dem Partner der Steuerpflichtigen lag eine chromosomale Translokation vor. Aufgrund dieser Chromosomenmutation bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leidet und unter Umständen nicht lebensfähig ist. Daher wurde eine PID durchgeführt. Der Großteil der hierfür notwendigen Behandlungen betraf die Steuerpflichtige, die den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen beantragte. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Behandlungskosten ab. Das Finanzgericht Niedersachsen gab der Klage hinsichtlich der von der Steuerpflichtigen selbst getragenen Aufwendungen hingegen statt.

Der Bundesfinanzhof bestätigte nun die Vorentscheidung. Die Aufwendungen für die Behandlung der Steuerpflichtigen sind zwangsläufig entstanden, weil die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Wegen der biologischen Zusammenhänge konnte (anders als bei anderen Erkrankungen) durch eine medizinische Behandlung allein des erkrankten Partners keine Linderung der Krankheit eintreten. Daher steht der Umstand, dass die Steuerpflichtige selbst gesund ist, der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen.

Unschädlich war auch, dass die Steuerpflichtige und ihr Partner nicht verheiratet waren – und schließlich war auch das Erfordernis der Übereinstimmung der vorgenommenen Behandlungsschritte mit gesetzlichen Vorschriften (insbesondere dem Embryonenschutzgesetz) erfüllt.

Beachten Sie | Außergewöhnliche Belastungen wirken sich nur dann steuermindernd aus, wenn sie die in § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei u. a. vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab.

Quelle |BFH-Urteil vom 29.2.2024, Az. VI R 2/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241432; BFH, PM Nr. 23/24 vom 10.5.2024


Bescheide: Wirksame Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten trotz Vollmachtswiderruf

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Verwaltungsakt auch dann wirksam bekannt gegeben ist, wenn er an einen zunächst wirksam bestellten Bevollmächtigten übersandt wird, dessen Vollmacht allerdings, wie dem Finanzamt erst kurz nach der Absendung des Verwaltungsakts angezeigt worden ist, bereits zuvor widerrufen worden war.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte – nachdem ihr Einspruch gegen einen Steuerbescheid vom Finanzamt mit einer Einspruchsentscheidung zurückgewiesen worden war – Klage beim Finanzgericht erhoben. Das Finanzamt hatte die Einspruchsentscheidung zunächst an den ihr von der Klägerin benannten Bevollmächtigten gesandt.

Dieser schickte die Einspruchsentscheidung an das Finanzamt zurück und teilte mit, seine Vollmacht sei zwischenzeitlich widerrufen worden. Daraufhin wurde die Einspruchsentscheidung zeitnah an die Klägerin gesandt, die jedoch erst Monate später selbst Klage erhob.

Ob die Klage fristgerecht erhoben und damit zulässig war, hing davon ab, ob die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an den ursprünglichen Bevollmächtigten der Klägerin wirksam war.

Grundsätzlich kann die Bekanntgabe eines Steuerbescheids oder einer Einspruchsentscheidung sowohl an den Steuerpflichtigen als auch an den Bevollmächtigten erfolgen. Letzteres gilt aber nur so lange, wie das Finanzamt von einer wirksamen Bevollmächtigung ausgehen darf.

Das Finanzgericht Münster und der Bundesfinanzhof bejahten eine wirksame Bekanntgabe an den ehemaligen Bevollmächtigten und sahen die Klage der Klägerin daher als unzulässig an. Die Einspruchsentscheidung ist dem Bevollmächtigten wirksam bekannt gegeben worden, da das Finanzamt nach Aktenlage bis zu der Absendung der Einspruchsentscheidung von einer wirksamen Vollmacht ausgehen durfte. Die Mitteilung des Widerrufs der Vollmacht, die erst nach der Absendung der Einspruchsentscheidung erfolgte, steht dem nicht entgegen, da für die wirksame Bekanntgabe an den Bevollmächtigten nur auf den Kenntnisstand des Finanzamts zum Zeitpunkt der Absendung abzustellen ist.

Quelle |BFH-Urteil vom 8.2.2024, Az. VI R 25/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 241428; BFH, PM Nr. 24/24 vom 10.5.2024


Anstieg der gesetzlichen Altersrenten ab 1.7.2024

Die gesetzlichen Altersrenten werden im Rahmen der jährlichen Rentenanpassung zum 1.7.2024 (erstmals bundeseinheitlich) um 4,57 % steigen. Hiervon profitieren rund 21 Millionen Rentner.

Die Rentenanpassung kann dazu führen, dass Rentner erstmals in die Steuerpflicht „rutschen“ und eine Steuererklärung abgeben müssen. Eine Steuerpflicht tritt aber nur ein, wenn der steuerpflichtige Teil der Jahresbruttorentezuzüglich weiterer Einkünfte (z. B. aus einer Vermietung) und unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge und sonstiger Abzugsbeträge – den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigt. Für das Jahr 2023 beträgt der Grundfreibetrag 10.908 EUR pro Jahr, für 2024 sind es aktuell 11.604 EUR. Bei einer steuerlichen Zusammenveranlagung von Eheleuten gelten die doppelten Werte.

Neben dem Grundfreibetrag spielt der Rentenfreibetrag eine wichtige Rolle: Das ist der Teil der Rente, der nicht versteuert wird. Entscheidend für den Rentenfreibetrag ist das Jahr des Rentenbeginns. Der Rentenfreibetrag ist ein fester Betrag, der in den Folgejahren für den Rentner unverändert bleibt. Die jährlichen Rentenerhöhungen, die im Laufe der Rente folgen, müssen in voller Höhe versteuert werden.

Beachten Sie | Der steuerpflichtige Teil der Rente aus einer Basisversorgung beträgt bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher 50 %. Der Besteuerungsanteil wird für jeden neuen Rentnerjahrgang sukzessive erhöht. Wer z. B. 2023 in Rente gegangen ist, dem steht nur noch ein Rentenfreibetrag von 17,5 % zu. Das bedeutet: 17,5 % der Rente bleiben steuerfrei und 82,5 % der Rente unterliegen der Besteuerung. Da der Besteuerungsanteil für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab 2023 um einen halben Prozentpunkt erhöht wird, gelten 100 % Besteuerungsanteil dann erstmals für 2058 (= Jahr des Rentenbeginns).

Quelle | Die Bundesregierung, Mitteilung vom 24.4.2024: „Renten steigen zum 1. Juli erneut deutlich“


Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 06/2024

Im Monat Juni 2024 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.6.2024
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.6.2024
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 10.6.2024
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 10.6.2024
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 10.6.2024

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.6.2024. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Juni 2024 am 26.6.2024.


Verzugszinsen

Für die Berechnung der Verzugszinsen ist der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt.

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.1.2024 bis zum 30.6.2024 beträgt 3,62 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 8,62 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 12,62 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 11,62 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen
Zeitraum Zins
vom 1.7.2023 bis 31.12.2023 3,12 Prozent
vom 1.1.2023 bis 30.6.2023 1,62 Prozent
vom 1.7.2022 bis 31.12.2022 -0,88 Prozent
vom 1.1.2022 bis 30.6.2022 -0,88 Prozent
vom 1.7.2021 bis 31.12.2021 -0,88 Prozent
vom 1.1.2021 bis 30.6.2021 -0,88 Prozent
vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 -0,88 Prozent
vom 1.1.2020 bis 30.6.2020 -0,88 Prozent
vom 1.7.2019 bis 31.12.2019 -0,88 Prozent
vom 1.1.2019 bis 30.6.2019 -0,88 Prozent
vom 1.7.2018 bis 31.12.2018 -0,88 Prozent
vom 1.1.2018 bis 30.6.2018 -0,88 Prozent

Keine Sonderausgaben: Vom Krankengeld einbehaltene Rentenversicherungsbeiträge

Vom Krankengeld einbehaltene und abgeführte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden. Das Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt, ohne hiervon geleistete Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. Dies hat jüngst das Finanzgericht Köln entschieden.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige neben ihrem Arbeitslohn Krankengeld bezogen, wovon Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten und abgeführt wurden.

Das Finanzamt behandelte das Krankengeld als steuerfrei, unterwarf es aber einschließlich der Rentenversicherungsbeiträge dem Progressionsvorbehalt. Eine steuermindernde Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge unterblieb. Die eingelegte Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht Köln kam zu dem Schluss, dass ein Sonderausgabenabzug ausscheidet, weil die von der Steuerpflichtigen getragenen Pflichtbeiträge ausschließlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem steuerfreien Krankengeld stehen.

Die Beitragszahlung löst nicht unmittelbar einen steuerpflichtigen Rentenbezug aus. Hierfür müssen weitere Voraussetzungen – wie das Erreichen der Altersgrenze, Schwerbehinderung, hinreichende Beitragsjahre – hinzutreten. Eine Berücksichtigung der Rentenbeiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts kommt ebenfalls nicht in Betracht, da ein solcher Abzug gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Merke | Die Entscheidung ist rechtskräftig, sodass sich die Praxis auf die Urteilsgrundsätze wird einstellen müssen.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 25.5.2023, Az. 11 K 1306/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 236236

 


Doppelte Haushaltsführung: Zweitwohnungsteuer fällt unter die 1.000 EUR-Grenze

Im Rahmen einer inländischen doppelten Haushaltsführung ist der Werbungskostenabzug von Unterkunftskosten auf 1.000 EUR monatlich beschränkt. Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass unter diesen Höchstbetrag auch eine für die Wohnung am Beschäftigungsort zu entrichtende Zweitwohnungsteuer fällt.

Hintergrund

Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). In diesen Fällen können Arbeitnehmer Unterkunftskosten bis maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehen.

Beachten Sie | Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie beispielsweise Miete, Betriebskosten sowie Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft; nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden.

Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin hatte an ihrem Tätigkeitsort in München eine Zweitwohnung angemietet. Die hierfür in den Streitjahren entrichtete Zweitwohnungsteuer i. H. von 896 EUR bzw. 1.157 EUR machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung i. H. von jeweils mehr als 12.000 EUR als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem Höchstbetrag von 12.000 EUR an. Die Zweitwohnungsteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte es nicht.

Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Leider hat der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung nun aber aufgehoben.

Die Zweitwohnungsteuer ist Aufwand für die Nutzung der Unterkunft und unterfällt daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung.

Das Entstehen der Zweitwohnungsteuer knüpft maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der Hauptwohnung und so an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche Aufwandsteuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes ihre Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen) erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt.

Beachten Sie | Der Bundesfinanzhof hat damit die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Noch nicht höchstrichterlich entschieden und derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig ist die Frage, wie Kosten für einen separat angemieteten Stellplatz zu behandeln sind.

Quelle |BFH-Urteil vom 13.12.2023, Az. VI R 30/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240677; BFH, PM Nr. 18/24 vom 4.4.2024; Stellplatz: Rev. BFH unter Az. VI R 4/23


Mehrere Minijobs gleichzeitig: Diese Spielregeln sind einzuhalten

Grundsätzlich können mehrere Minijobs (geringfügige Beschäftigungen) auch gleichzeitig ausgeübt werden. Dabei sind jedoch einige Spielregeln zu beachten. Welche das sind, hat die Minijob-Zentrale zusammengestellt.

Haben Arbeitnehmer keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, dann können sie mehrere Minijobs gleichzeitig ausüben. Die Summe aller Verdienste darf allerdings die Geringfügigkeitsgrenze (seit 1.1.2024: 538 EUR im Monat) nicht überschreiten.

Liegt der Verdienst mehrerer Minijobs zusammengerechnet über 538 EUR, werden alle Jobs sozialversicherungspflichtig. Die Folge: Alle Arbeitgeber müssen die Beschäftigungen nun bei der gesetzlichen Krankenkasse sozialversicherungspflichtig anmelden. Bei der Minijob-Zentrale gemeldete Beschäftigungen sind abzumelden.

Beachten Sie | Arbeitnehmer mit einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung dürfen nur einen Minijob mit Verdienstgrenze ausüben. Kommen weitere Beschäftigungen hinzu, ist die zeitliche Reihenfolge entscheidend. Nur der erste Minijob bleibt bei der Minijob-Zentrale als Minijob gemeldet. Alle weiteren Minijobs müssen unabhängig von der Höhe des Verdienstes als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur gesetzlichen Krankenkasse gemeldet werden.

Merke | Arbeitgeber können zum Beispiel mit einem Personalfragebogen erfragen, ob ihre Beschäftigten bereits weitere Jobs ausüben. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sie sich zudem, Änderungen mitzuteilen.

Quelle | Minijob-Zentrale vom 3.4.2024: „Mehrere Minijobs: Die wichtigsten Infos für Arbeitgeber & Beschäftigte“, unter www.iww.de/s10796

 


Gelockerte Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher

Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als das Umsatzsteuergesetz (UStG) hierfür vorsieht, schuldet er auch den Mehrbetrag (unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG). Bei dieser „Strafsteuer“ gab es bislang eine strenge Auslegung. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat sich das aber nun geändert und das Bundesfinanzministerium zeigt sich in einem aktuellen Schreiben großzügiger.

Eine Steuerschuld nach § 14c UStG bestand bislang unabhängig davon, ob der falsch ausgewiesene Steuerbetrag auch als Vorsteuer absetzbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Fall mit einem falschen Steuersatz aber entschieden, dass ein Steuerpflichtiger den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Das Bundesfinanzministerium hat hierauf nun reagiert: Es entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG, wenn ein Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat.

Auch § 14c Abs. 2 S. 1 UStG (unberechtigter Steuerausweis) soll entfallen, wenn ein Kleinunternehmer eine Leistung ausgeführt und eine Rechnung mit einem Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat. Auf andere Fälle des § 14c Abs. 2 UStG (z. B. bei Scheinrechnungen) soll die einschränkende Auslegung aber nicht anzuwenden sein.

Merke | Die Tatsache, dass die Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt worden ist, stellt eine den Steueranspruch einschränkende Tatsache dar, die durch den Unternehmer glaubhaft darzulegen bzw. plausibel zu begründen ist.

Zu den Endverbrauchern zählt die Verwaltung insbesondere Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln (insbesondere Unternehmer bei Leistungsbezug für ihren privaten Bereich oder für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne).

In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die vorgenannten Grundsätze nur bezüglich der Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden. Es kann weder eine Schätzung noch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Ähnliches erfolgen.

Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat, kann die Art der Leistung berücksichtigt werden. Zu Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Gebrauch bestimmt sind, verweist das Bundesfinanzministerium auf seine Weisungen zu § 3a Abs. 1 UStG („Ort der sonstigen Leistung“). Dieser Leistungskatalog ist aber unbeachtlich, sofern im Einzelfall feststeht, dass die Leistung nicht an einen Endverbraucher erbracht wurde.

Ist bei einer Rechnung an Endverbraucher keine „§ 14c Steuer“ entstanden, ist aus Umsatzsteuersicht keine Rechnungsberichtigung mehr erforderlich.

Merke | Nach Meinung der Finanzverwaltung ist es für die Steuerschuld nach § 14c UStG nicht ausschlaggebend, ob und ggf. inwieweit tatsächlich ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist. Daher entsteht die Steuer auch, wenn die Rechnung z. B. an einen Kleinunternehmer oder einen Unternehmer mit Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen, erteilt worden ist. Denn auch in diesen Fällen ist ein Vorsteuerabzug (z. B. durch eine spätere Option zur Steuerpflicht) nicht gänzlich ausgeschlossen. Das hat das Finanzgericht Köln aber jüngst anders entschieden. Da die Revision anhängig ist, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Quelle | BMF-Schreiben vom 27.2.2024, Az. III C 2 – S 7282/19/10001 :002, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240327; FG Köln, Urteil vom 25.7.2023, Az. 8 K 2452/21, Rev. BFH: Az. V R 16/23


Anhebung der Schwellenwerte zur Bestimmung der Größenklassen

Die in den §§ 267, 267a Handelsgesetzbuch (HGB) normierten monetären Schwellenwerte (Bilanzsumme und Umsatzerlöse) wurden angehoben (Zweites Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften, BGBl I 2024, Nr. 120). Die Anhebung der Schwellenwerte geht für die begünstigten (oft kleinen) Unternehmen mit einer Neueinstufung in eine niedrigere Größenklasse und damit einer Reduzierung von Berichtspflichten einher. Sofern gewünscht, können die neuen Werte bereits für den Jahresabschluss 2023 genutzt werden (Wahlrecht). Verpflichtend gelten die neuen Werte für nach dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahre.


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