Rund zwei Monate vor der Bundestagswahl ist der Steuergesetzgeber noch einmal aktiv geworden und hat zwei interessante Gesetze verabschiedet. Wichtige Aspekte werden vorgestellt.
Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz
Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz soll der Steuerbetrug über Briefkastenfirmen bekämpft werden. Danach haben Steuerpflichtige Beziehungen zu Gesellschaften im Nicht-EU-Ausland anzuzeigen. Auch Finanzinstitute können ggf. verpflichtet sein, den Finanzbehörden Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften mitzuteilen. Bei einem Verstoß drohen Bußgelder.
Beachten Sie | Bei der Aufklärung von steuerlichen Sachverhalten unterliegen Kreditinstitute keiner Verschwiegenheitspflicht mehr. Zudem erhält die Finanzverwaltung erweiterte Möglichkeiten im Kontenabrufverfahren.
Rückwirkende Kindergeldzahlungen
Um Missbräuche beim Kindergeld zu bekämpfen, wird Kindergeld (abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren) nur noch für sechs Monate rückwirkend gezahlt.
Steuerklassen bei Ehegatten
Bei Eheschließung werden beide Ehegatten künftig automatisch in die Steuerklasse IV eingestuft – und zwar auch dann, wenn nur einer der Ehegatten ein Gehalt bezieht. Ein Steuerklassenwechsel ist aber selbstverständlich möglich.
Beachten Sie | Ferner ist der Wechsel von der Steuerklasse III oder V in die Steuerklasse IV auch auf Antrag nur eines Ehegatten möglich. Dies hat dann zur Folge, dass beide Ehegatten in die Steuerklasse IV eingruppiert werden.
Inkrafttreten: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Briefkastenfirmen sind am 25.6.2017 in Kraft getreten. Die Änderungen beim Kindergeld und bei den Steuerklassen bei Ehegatten werden hingegen erst zum 1.1.2018 wirksam.
Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken
Mit dem „Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ wird die Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger wegen eines als schädlich einzustufenden Präferenzregimes nicht oder nur niedrig besteuert werden, eingeschränkt.
Zudem sind vor allem folgende Neuregelungen zu nennen:
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Durch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz und das aktuelle Gesetz wurden die Netto-Grenzen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern (= abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind) angehoben:
- Die eigentliche Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wurde von 410 EUR auf 800 EUR erhöht.
- Werden geringwertige Wirtschaftsgüter sofort als Betriebsausgaben abgezogen, gelten besondere Aufzeichnungspflichten, wenn eine Grenze (bisher: 150 EUR, neu: 250 EUR) überschritten wird.
- Alternativ zum Sofortabzug können geringwertige Wirtschaftsgüter in einen Sammelposten eingestellt und dann über fünf Jahre abgeschrieben werden (Poolabschreibung). Die Wertuntergrenze wurde von 150 EUR auf 250 EUR angehoben. Die Obergrenze von 1.000 EUR bleibt bestehen.
Beachten Sie | Die neuen Grenzen gelten für geringwertige Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.
MERKE | Zusammengefasst ergeben sich folgende Möglichkeiten:
- Grundsatz: Abschreibung über betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
- bis 250 EUR: Sofortabzug ohne besondere Aufzeichnungspflicht (Wahlrecht)
- ab 250,01 EUR bis 800 EUR: Sofortabzug oder Poolabschreibung (Wahlrecht)
- ab 800,01 EUR bis 1.000 EUR: Poolabschreibung (Wahlrecht)
Soll ein Sammelposten gebildet werden, sind hierin alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen von 250,01 EUR bis 1.000 EUR zu erfassen.
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Sanierungserträge
Verzichten Gläubiger auf Forderungen gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, ist dieser Betrag erfolgswirksam auszubuchen. Fraglich ist, wie dieser Teil steuerrechtlich zu behandeln ist. Denn der Bundesfinanzhof hat die im Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums vorgesehene Steuerbegünstigung verworfen, da sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.
Mit Schreiben vom 27.4.2017 hat die Verwaltung hierauf reagiert und Übergangsregeln erlassen. Danach gilt u. a. Folgendes: Wurde der Forderungsverzicht der Gläubiger bis zum 8.2.2017 (an diesem Tag wurde die Entscheidung des Bundesfinanzhofs veröffentlicht) endgültig vollzogen, sind die Regelungen weiter anwendbar.
Nunmehr hat auch der Gesetzgeber reagiert und die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen unter bestimmten Voraussetzungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die Regelung gilt für alle Fälle, die nach dem 8.2.2017verwirklicht werden.
Beachten Sie | Die gesetzliche Neuregelung zu den Sanierungserträgen kann aber erst dann in Kraft treten, wenn die Europäische Kommission die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht bestätigt hat. Die weitere Entwicklung bleibt somit abzuwarten.
Quelle | Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz) vom 23.6.2017, BGBl I 2017, S. 1682 (siehe auch PlenumKOMPAKT des Bundesrates vom 2.6.2017 zu ausgewählten Tagesordnungspunkten); Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.2017, BGBl I 2017, S. 2074; BMF-Schreiben vom 27.4.2017, Az. IV C 6 – S 2140/13/10003