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Besteuerung von Zinsen auf Rentennachzahlungen

Die Finanzverwaltung hat ihre Sichtweise zur Besteuerung von Zinsen auf Rentennachzahlungen angesichts der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus 2015 geändert. Das bedeutet: Die Zinsen sind nicht mehr als sonstige Einkünfte zu versteuern, sondern gelten als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies ist regelmäßig günstiger. Denn wegen der Niedrigzinsphase dürfte der Sparer-Pauschbetrag durch weitere Zinseinnahmen oftmals nicht verbraucht sein.

Die neue Sichtweise gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2016. Eine Anwendung in offenen Fällen ist auf Antrag möglich.

Quelle | BMF-Schreiben vom 4.7.2016, Az. IV C 3 – S 2255/15/10001; BFH-Urteil vom 9.6.2015, Az. VIII R 18/12


Häusliches Arbeitszimmer: Separate Beurteilung für Nebenräume

Bei einem häuslichen Arbeitszimmer sind Aufwendungen für Nebenräume (Küche, Bad und Flur), die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Der steuerliche Abzug für diese Nebenräume ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs individuell zu beurteilen.

Bereits der Große Senat des Bundesfinanzhofs hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass sich Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuermindernd auswirken, wenn die Räume nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt werden. Mit der nun vorliegenden Entscheidung knüpft der 10. Senat des Bundesfinanzhofs hieran auch für Nebenräume der häuslichen Sphäre an. Ob die Nutzungsvoraussetzung erfüllt ist, ist dabei für jeden abgeschlossenen Raum individuell zu entscheiden.

PRAXISHINWEIS | Dieses Urteil kann durchaus auch positiv sein. Denn wären Arbeitszimmer, Küche, Bad und Flur als einheitlicher Raumkomplex zu behandeln, könnte eine nicht unerhebliche private Mitnutzung der Nebenräume für den gesamten Raumkomplex schädlich sein und damit das Arbeitszimmer „infizieren“. Im Ergebnis entfiele damit der Kostenabzug auch für das eigentliche häusliche Arbeitszimmer.

Quelle | BFH-Urteil vom 17.2.2016, Az. X R 26/13; BFH-Urteil vom 27.7.2015, GrS 1/14


Kindergeld: Zur Erstausbildung bei Aufnahme eines Studiums nach Berufstätigkeit

Nimmt ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium auf, das eine Berufstätigkeit voraussetzt, ist das Studium nicht integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden und damit dem Vater Kindergeld versagt.

Hintergrund

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein volljähriges Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sich in einer zweiten oder weiteren Ausbildung befindet, nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.

Beachten Sie | Allerdings sind eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis unschädlich.

Sachverhalt

Die Tochter hatte nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen als Angestellte in einer Klinik gearbeitet und sich dann für ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie beworben, das eine kaufmännische Berufsausbildung und eine einjährige Berufstätigkeit voraussetzte. Die Tochter strebte eine Tätigkeit im mittleren Management im Gesundheitswesen an. Da sie die zulässige Wochenarbeitsgrenze von 20 Stunden überschritten hatte, kam es also für den Kindergeldanspruch darauf an, ob das berufsbegleitende Studium eine Erst- oder eine Zweitausbildung darstellte.

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Sichtweise der Familienkasse, wonach eine kindergeldschädliche Zweitausbildung vorlag.

Enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist es vor allem entscheidend, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. So gilt ein erster berufsqualifizierender Abschluss nicht als Erstausbildung, wenn er sich als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Das hat der Bundesfinanzhof z. B. in folgenden Fällenentschieden:

  • Prüfung als Steuerfachangestellter im Rahmen eines dualen Bachelorstudiums im Steuerrecht,
  • Prüfung als Fachinformatikerin im Rahmen einer dualen Ausbildung zum Bachelor in Wirtschaftsinformatik,
  • Bachelor-Abschluss im Rahmen eines Masterstudiums.

Im Streitfall stellten die kaufmännische Ausbildung und das Studium nicht notwendigerweise eine Ausbildungseinheit dar, weil sich erst nach einer Berufstätigkeit der zweite Ausbildungsabschnitt anschließen kann. Mangels notwendigen engen Zusammenhangs handelt es sich somit nicht um eine einheitliche Erstausbildung.

Ist für ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie eine berufspraktische Erfahrung von regelmäßig einem Jahr Bedingung, dann handelt es sich um einen die berufliche Erfahrung berücksichtigenden Weiterbildungsstudiengang und damit um eine Zweitausbildung.

Quelle | BFH-Urteil vom 4.2.2016, Az. III R 14/15


Bundesrat stoppt Erbschaftsteuerreform

Die von der Großen Koalition vereinbarte Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist am 8.7.2016 im Bundesrat gescheitert. Nun wird sich der Vermittlungsausschuss mit den Reformplänen befassen müssen.

Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hält die derzeitige Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten für mit dem Grundgesetz unvereinbar. Mit Urteil vom 17.12.2014 verpflichteten die Richter den Gesetzgeber, spätestens bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu treffen. Eineinhalb Jahre Zeit waren aber offensichtlich nicht genug!

Viele Experten halten die vom Bundestag am 24.6.2016 beschlossene Reform (erneut) für nicht verfassungsgerecht. So äußerte sich z. B. NRW-Finanzminister Walter-Borjans: „Wenn Millionenerbschaften von Unternehmenserben künftig zum Teil nur halb so hoch versteuert werden müssen wie nach der bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht als zu günstig verworfenen Regelung, dann ist stark zu bezweifeln, dass das Gesetz verfassungskonform ist.“

Kurzum: Derzeit bleibt in erster Linie zu hoffen, dass eine rechtssichere Neuregelung gefunden wird, auf die sich die Steuerpflichtigen verlassen können und die nicht (erneut) vom Bundesverfassungsgericht verworfen wird.

Quelle | Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BR-Drs. 344/16 (B) vom 8.7.2016; Statement von Norbert Walter-Borjans hier


Umzugskosten trotz Zeitersparnis unter einer Stunde als Werbungskosten anerkannt

| Die Erreichbarkeit der Tätigkeitsstätte ohne Verkehrsmittel kann nach Ansicht des Finanzgerichts Köln zu einer beruflichen Veranlassung eines Umzugs führen. Somit erkannte es die Aufwendungen für den Umzug im Streitfall als Werbungskosten an. |

Gründe für eine berufliche Veranlassung des Umzugs

Umzugskosten sind nur abzugsfähig, wenn der Wohnungswechsel beruflich veranlasst ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist dies beispielsweise der Fall, wenn

  • sich die Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte erheblich (d. h. täglich um mindestens eine Stunde) verkürzt,
  • der Umzug im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt wird (insbesondere beim Beziehen oder Räumen einer Dienstwohnung, die aus betrieblichen Gründen bestimmten Arbeitnehmern vorbehalten ist),
  • der Umzug aus Anlass der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit, des Wechsels des Arbeitgebers oder im Zusammenhang mit einer Versetzung durchgeführt wird,
  • der eigene Hausstand zur Beendigung einer doppelten Haushaltsführung an den Beschäftigungsort verlegt wird.

Sachverhalt

Im Streitfall verwehrte das Finanzamt den Abzug der Umzugskosten, da sich die Fahrzeit nicht um mindestens eine Stunde verkürzt habe. Nach Ansicht der Steuerpflichtigen (Lehrerin) war der Umzug jedenfalls deshalb beruflich veranlasst, weil sie ihren Arbeitsplatz (Berufskolleg) nunmehr zu Fuß erreichen kann. Zudem würde die Wegezeitverkürzung von einer Stunde insbesondere durch die entfallenden Wartezeiten für die Straßenbahn erreicht.

Wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Das Finanzgericht Köln war der Überzeugung, dass die Tätigkeit am Berufskolleg für den Umzug entscheidend war. Zwar hatte es Zweifel, ob die erforderliche Zeitersparnis erreicht wurde. Es berief sich aber auf einen Beschluss des Bundesfinanzhofs, wonach die Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel zu einer solch wesentlichen sonstigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen kann, dass selbst eine Ersparnis von weniger als einer Stunde für eine berufliche Veranlassung ausreicht. Wer in einer Großstadt keine Verkehrsmittel benutzen muss und zu Fuß zur Arbeit gehen kann, für den entfällt der Stress, der von der Notwendigkeit des pünktlichen Erscheinens ausgeht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer – wie hier – keine gleitende Arbeitszeit hat, so das Finanzgericht in der Urteilsbegründung.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 24.2.2016, Az. 3 K 3502/13, BFH-Beschluss vom 2.2.2000, Az. X B 80/99


Bundesrat stimmt dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zu

Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens am 17.6.2016 zugestimmt, sodass es nach der Unterzeichnung des Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet werden kann. Wichtige Neuregelungen werden auszugsweise vorgestellt.

Automationsgestützte Bearbeitung

Finanzbehörden können z. B. Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten.

Ein Anlass zur Bearbeitung liegt insbesondere dann vor, wenn der Steuerpflichtige Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung macht (sogenanntes qualifiziertes Freitextfeld).

Elektronische Kommunikation

Die Bundesregierung möchte die elektronische Kommunikation ausbauen. Dies zeigt sich z. B. an folgenden Regelungen:

  • Verwaltungsakte (z. B. Steuerbescheide) können mit Einwilligung des Beteiligten oder der von ihm bevollmächtigten Person bekannt gegeben werden, indem sie zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden.
  • Dem Gläubiger der Kapitalerträge kann seine Steuerbescheinigung elektronisch übersandt werden. Sie ist ihm aber weiterhin in Papierform zuzusenden, wenn er es verlangt.

Steuererklärungsfristen

Nicht steuerlich beratene Steuerpflichtige erhalten zwei Monate mehr Zeit für die Erstellung bzw. Abgabe der Steuererklärung. Das heißt, die Abgabefrist wurde vom 31.5. des Folgejahres auf den 31.7. verlängert. Auch für von einem Steuerberater angefertigte Erklärungen wurde die Frist um zwei Monate verlängert (vom 31.12. des Folgejahres auf Ende Februar des Zweitfolgejahres).

Beachten Sie | In bestimmten Fällen kann das Finanzamt anordnen, dass Erklärungen vor Ende Februar des Zweitfolgejahres abzugeben sind. Die Abgabefrist beträgt dann vier Monate nach Bekanntgabe der Anordnung.

Beispiel

Die Veranlagung hat für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 % der festgesetzten Steuer oder mehr als 10.000 EUR geführt.

Verspätungszuschlag

Die Regelungen zum Verspätungszuschlag wurden insgesamt neu gefasst. Erfreulich: Im Vergleich zum Regierungsentwurf wurde hier nachgebessert. So fällt der Verspätungszuschlag bei einer Steuerfestsetzung von 0 EUR oder in Erstattungsfällen nicht automatisch an. Eine Sanktion liegt vielmehr im Ermessen der Finanzverwaltung. Ferner wurde der Mindestverspätungszuschlag von monatlich 50 EUR auf 25 EUR reduziert.

Zudem ist eine Billigkeitsregelung für solche Fälle enthalten, in denen Steuerpflichtige bis zum Zugang einer nach Ablauf der allgemeinen Erklärungsfrist versandten Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung davon ausgehen konnten, nicht zur Abgabe verpflichtet zu sein (z. B. Rentner). Hier soll der Verspätungszuschlag erst vom Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist an berechnet werden.

Datenübermittlung durch Dritte

Viele Daten, die in der Einkommensteuererklärung anzugeben sind, liegen dem Finanzamt wegen entsprechender Datenübermittlungen Dritter (z. B. Mitteilungen der Arbeitgeber und der Kranken- oder Rentenversicherung) vor. Künftig können Steuerpflichtige auf eine eigenständige Deklaration dieser Daten verzichten. Die von dritter Seite übermittelten Daten gelten dann als vom Steuerpflichtigen angegebene Daten.

Stellt sich nach dem Erlass des Steuerbescheids heraus, dass diese Daten zuungunsten des Steuerpflichtigen falsch waren, ist der Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern.

Beachten Sie | Dem Steuerpflichtigen steht es aber nach wie vor frei, in der Steuererklärung eigene Angaben zu machen. Weichen diese Angaben von den von dritter Seite übermittelten Daten ab, muss der Steuerfall durch einen Amtsträger geprüft werden.

Belegvorhaltepflichten

Belegvorlagepflichten werden (weitestgehend) in Belegvorhaltepflichten mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgewandelt. Beispielsweise muss die Zuwendungsbescheinigung für Spenden erst auf Anforderung der Finanzverwaltung vorgelegt werden. Willigt der Steuerpflichtige ein, kann sogar auf die Belegvorhaltepflicht verzichtet werden, wenn der Zuwendungsempfänger die Zuwendung direkt elektronisch an die Finanzverwaltung meldet.

Beachten Sie | Die Aufbewahrungsfrist beträgt ein Jahr nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung.

Ermittlung der Herstellungskosten

Hinsichtlich des Umfangs der zu aktivierenden Herstellungskosten wurde ein steuerliches Wahlrecht gesetzlich verankert. Konkret geht es um folgende Aufwendungen:

  • angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung.

Beachten Sie | Bilanzierende Steuerpflichtige müssen das Wahlrecht durch den Übereinstimmungsvorbehalt in Handels- und Steuerbilanz einheitlich ausüben.

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt weitestgehend zum 1.1.2017 in Kraft. Allerdings sind zahlreiche Anwendungsregelungen zu beachten. Zum Beispiel sind die Regelungen zum Verspätungszuschlag grundsätzlich erstmals auf Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 einzureichen sind. Die verlängerten Abgabefristen für Steuererklärungen gelten erstmals für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2017 beginnen.

Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, BR-Drs. 255/16 (B) vom 17.6.2016


Heimunterbringung: Wann sind die Kosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig?

Die Aufwendungen einer Heimunterbringung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn ein Steuerpflichtiger nur aus Altersgründen in ein Altenheim umgezogen ist und erst während des Heimaufenthalts krank und pflegebedürftig wird. Allein durch eine Einordnung in die Pflegestufe I verlieren die Aufwendungen nicht ihren Charakter als übliche Aufwendungen der Lebensführung, so das Finanzgericht Niedersachsen.

Allerdings können die Voraussetzungen für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen auch bei einer Heimunterbringung ausnahmsweise erfüllt sein – und zwar dann, wenn der Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheitveranlasst ist. Zu den Krankheitskosten gehören nämlich nicht nur Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinn, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung.

Beachten Sie | Das Finanzgericht hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der Bundesfinanzhof in einem Urteil aus 2010 ausdrücklich offengelassen hat, ob die Kosten einer Heimunterbringung auch dann zu berücksichtigen sind, wenn ein Steuerpflichtiger erst nach dem Umzug in das Altenheim krank und pflegebedürftig geworden ist. Ferner ließen die Richter offen, ob und ggf. ab welcher Pflegestufe die Kosten für die Unterbringung eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen in einem Altenheim aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden sind. Da die Revision inzwischen anhängig ist, können geeignete Fälle über einen Einspruch offengehalten werden.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 15.12.2015, Az. 12 K 206/14, Rev. BFH Az. VI R 3/16; BFH-Urteil vom 15.4.2010, Az. VI R 51/09


Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheime fällt bei Eigentumsübertragung rückwirkend weg

Nutzt ein Erbe das Familienheim des Erblassers zu eigenen Wohnzwecken, fällt die Erbschaftsteuerbefreiung rückwirkend weg, wenn der Erbe die Immobilie seinen Kindern innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall überträgt, sie aber weiterhin per Nießbrauch nutzt. Diese Auffassung vertritt das Finanzgericht Hessen.

Hintergrund

Die vom Erblasser zuvor selbst genutzte Wohn- immobilie kann erbschaftsteuerfrei vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner weitere zehn Jahre lang bewohnt wird. Erben Kinderoder Enkel (verstorbener Kinder), ist darüber hinaus zu beachten, dass die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 m2 begrenzt ist. Wird die Grenze überschritten, unterliegt der übersteigende Teil der Erbschaftsteuer.

Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Aktuelle Entscheidung

Zunächst stellte das Finanzgericht Hessen heraus, dass der gesetzliche Wortlaut die Beibehaltung der Eigentümerstellung nicht vorgibt. Allerdings, so das Finanzgericht, spricht die über den Wortlaut hinausgehende Auslegungdafür, dass die Steuerbefreiung voraussetzt, dass während eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Erwerb das Familienheim nicht nur vom Erwerber bewohnt wird, sondern auch das Eigentum bei diesem verbleibt.

Da eine Steuerbefreiung nur dann zu gewähren ist, wenn der Erwerb des Eigentums und die tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken zusammenfallen, ist nach Überzeugung des Finanzgerichts eine Nachversteuerung regelmäßig vorzunehmen, wenn eines der beiden Tatbestandsmerkmale entfällt. Anhaltspunkte dafür, dass dem Gesetzgeber im Rahmen der Nachversteuerung das Merkmal des Eigentums verzichtbar erschien, während er am Merkmal des Wohnens festgehalten hat, sind nicht ersichtlich.

Beachten Sie | Das Finanzgericht Hessen hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle | FG Hessen, Urteil vom 15.2.2016, Az. 1 K 2275/15


Darf die Bausparkasse Altverträge kündigen?

Viele Bausparer haben noch hochverzinsliche Bausparverträge. Angesichts der Niedrigzinsphase gehen die Bausparkassen nun vermehrt dazu über, diese Altverträge zu kündigen. Dass eine Kündigung nicht immer rechtens ist, zeigen zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart.

Sachverhalt

Eine Bausparerin schloss 1999 zwei Bausparverträge ab, die 2001 zuteilungsreif wurden. Ein Bauspardarlehen nahm sie nicht in Anspruch. Der Zinssatz für das Bausparguthaben betrug jeweils 2,5 % p. a. und konnte bei Verzicht auf das Bauspardarlehen oder Wahl eines höher verzinslichen Bauspardarlehens um einen Bonuszins von 2,0 % p. a. erhöht werden. Beide Verträge waren nur zu etwa Dreiviertel angespart. Anfang 2015 kündigte die Bausparkasse die Bausparverträge.

Dieser Fall weicht gegenüber dem am 30.3.2016 ebenfalls vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall insoweit ab, als die Bausparerin nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge nur bis zum Erreichen eines Mindestsparguthabens von 50 % der Bausparsumme zur Ansparung verpflichtet ist.

Eine Kündigung hielt das OLG in beiden Fällen für unberechtigt. Die Bausparkasse könne sich nicht auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang kündigen könne. Die Vorschrift sei auf Bausparverträge in der Ansparphase nicht anwendbar. Der bezweckte Schutz von Darlehensnehmern treffe auf das Passivgeschäft der Bausparkassen nicht zu. Sie hätten bei der Zinsfestlegung eine unerwünscht lange Laufzeit ausschließen müssen.

PRAXISHINWEIS | Das OLG Stuttgart ließ die Revision zu, weil die Frage der Anwendung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf zuteilungsreife Bausparverträge grundsätzliche Bedeutung hat und andere OLG (z. B. OLG Hamm) eine gegenteilige Auffassung vertreten.

Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 4.5.2016, Az. 9 U 230/15 sowie Urteil vom 30.3.2016, Az. 9 U 171/15; OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az. 31 U 191/15


Steuererklärung: Trotz befürchtetem Datenausspähen keine Abgabe in Papierform

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass Steuerpflichtige ihre Einkommensteuererklärung auch dann in elektronischer Form abgeben müssen, wenn sie Bedenken gegen die Sicherheit der Datenübertragung über das Internet hegen.

Sachverhalt

Ein Ingenieur war selbstständig tätig. Da sein Jahresgewinn mehr als 410 EUR betrug, war er gesetzlich zur Abgabe der Einkommensteuererklärung in elektronischer Form durch Datenfernübertragung verpflichtet. Unter Berufung auf die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden machte er geltend, dass jede Datenübermittlung an das Finanzamt abgehört und verändert werden könne. Auch sei nicht auszuschließen, dass die von der Finanzverwaltung bereitgestellte Software, wenn sie auf dem Rechner des Steuerpflichtigen installiert wird, möglicherweise ein Eigenleben führen werde. Deshalb komme für ihn eine Übermittlung der Steuerdaten über das Internet nicht infrage.

Das Finanzamt lehnte den Antrag des Steuerpflichtigen ab, ihm als Alternative die Abgabe der Steuererklärung in Papierform bzw. auf einer CD zu gestatten. Die hiergegen eingereichte Klage blieb ohne Erfolg.

Zwar sollen die Finanzbehörden einem Antrag auf Entbindung von der Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung entsprechen, wenn dies für den Steuerpflichtigenwirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Das Finanzgericht Baden-Württemberg konnte im Streitfall aber weder eine wirtschaftliche noch eine persönliche Unzumutbarkeit feststellen, sodass es die vom Finanzamt getroffeneErmessensentscheidung als rechtens ansah.

Insbesondere war es dem Steuerpflichtigen zumutbar, ein befürchtetes Ausspähen seiner Daten durch handelsübliche Sicherheitssoftware zu unterbinden. Die von der Finanzverwaltung kostenlos bereitgestellte Übermittlungssoftware sei vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert worden und gewährleiste ein hinreichendes Maß an Datensicherheit. Konkrete Sicherheitslücken seien nicht erkennbar.

Beachten Sie | Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen. Ob die vom Steuerpflichtigen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich sein wird, muss bezweifelt werden.

Quelle | FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.3.2016, Az. 7 K 3192/15, Az. NZB BFH VIII B 43/16


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