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Wachstumschancengesetz: Die Odyssee ist zu Ende

Bereits im Juli 2023 hatte das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf für ein milliardenschweres Wachstumschancengesetz vorgelegt. Das Ziel: Eine Verabschiedung im Jahr 2023. Bekanntlich wurde daraus nichts. Vielmehr kam das Gesetzgebungsverfahren einem Possenspiel gleich, das durch die Zustimmung des Bundesrats am 22.3.2024 und der Gesetzesverkündung am 27.3.2024 nun beendet ist.

Vorbemerkungen

Das verabschiedete Gesetz enthält im Vergleich zum ursprünglichen Referenten- und Regierungsentwurf viele Änderungen. So wurde u. a. das Entlastungsvolumen reduziert und die Klimaschutz-Investitionsprämie gestrichen.

Zudem wurden zeitkritische Regelungen bereits Ende 2023 durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz umgesetzt, z. B. die Beseitigung von Unsicherheiten bei der Grunderwerbsteuer aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts sowie Anpassungen bei der Zinsschrankenregelung.

Dennoch enthält das Gesetzespaket weiterhin zahlreiche Änderungen bzw. Neuregelungen, die auszugsweise vorgestellt werden.

 

Neuregelungen

Degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter

Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2023 angeschafft oder hergestellt wurden, kann der Steuerpflichtige statt der linearen eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung) wählen.

Die als Investitionsanreiz gedachte degressive Abschreibung wurde nun wieder eingeführt – und zwar erneut befristet für Anschaffungen oder Herstellungen nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025. Der Abschreibungssatz wurde auf 20 % (höchstens das 2-Fache der linearen Abschreibung) reduziert.

 

Degressive Abschreibung für Wohngebäude

Mit § 7 Abs. 5a Einkommensteuergesetz (EStG) wurde eine degressive Abschreibung i. H. von 5 % für Wohngebäude eingeführt. Voraussetzung: Mit der Herstellung wurde nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen oder die Anschaffung erfolgte im Jahr der Fertigstellung aufgrund eines nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags. Wird von der degressiven Abschreibung Gebrauch gemacht, ist zu beachten, dass

  • Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung unzulässig sind,
  • die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig zu erfolgen hat und
  • ein späterer Wechsel zur linearen Abschreibung erfolgen kann.

 

Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau

Es sollen neue Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment geschaffen werden. Als Anreiz gewährt der Gesetzgeber eine Sonderabschreibung (§ 7b EStG), wodurch in den ersten vier Jahren insgesamt bis zu 20 % zusätzlich zur normalen/regulären Abschreibung abgeschrieben werden können.

Die Kostenobergrenzen wurden rückwirkend für nach dem 31.12.2022 gestellte Bauanträge wie folgt erhöht:

  • Baukostenobergrenze (Anschaffungs-/Herstellungskosten der Wohnung je qm Wohnfläche): um 400 EUR auf 5.200 EUR,
  • maximale Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (je qm Wohnfläche): von 2.500 EUR auf 4.000 EUR.

Merke | Zudem wurde der zeitliche Anwendungsbereich erweitert: Die Regelung gilt für Wohnungen, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige vor dem 1.10.2029 (zuvor: 1.1.2027) gestellt wird.

Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG

Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG möglich, wenn die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschritten wird.

Die Sonderabschreibung, die auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre verteilt werden kann, wurde von bis zu insgesamt 20 % auf bis zu 40 % angehoben. Die neue Grenze gilt für Anschaffungen und Herstellungen nach dem 31.12.2023.

E-Fahrzeuge/Firmenwagen

Die Besteuerung eines Firmenwagens (außerdienstliche Nutzung) kann reduziert werden, indem kein Verbrenner, sondern ein Elektrofahrzeug gewählt wird. Denn hier ist nur ein Viertel des Bruttolistenpreises anzusetzen, wenn der Höchstbetrag von 60.000 EUR eingehalten wird. Dieser wurde für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Fahrzeuge auf 70.000 EUR erhöht.

Alterseinkünfte

Der steuerpflichtige Teil der Rente aus einer Basisversorgung beträgt bei einem Rentenbeginn im Jahr 2005 oder früher 50 %. Der Besteuerungsanteil wird für jeden neuen Rentnerjahrgang sukzessive erhöht. Bisher wären Renten ab 2040 (Jahr des Rentenbeginns) zu 100 % zu berücksichtigen.

Nun wurde der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab 2023 auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert (für 2023 nur 82,5 % anstatt 83 %).
100 % gelten dann erstmals für 2058.

Geschenkegrenze

Geschenke an Geschäftspartner und Kunden sind nur dann steuermindernde Betriebsausgaben, wenn eine Grenze eingehalten wird. Diese wurde für nach dem 31.12.2023 beginnende Wirtschaftsjahre von 35 EUR auf 50 EUR erhöht.

Verlustvortrag

Nach der Regelung des § 10d Abs. 2 EStG ist ein Verlustvortrag bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. EUR (bei Zusammenveranlagung: 2 Mio. EUR) unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. bzw. 2 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte möglich. Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten anstelle der 60 % dann 70 % (ab 2028 sind wieder 60 % relevant).

Thesaurierungsbegünstigung

Für bilanzierende Einzel- und Personenunternehmen sieht § 34a EStG eine steuerliche Begünstigung für nicht entnommene Gewinne vor, die (langfristig) im Unternehmen verbleiben sollen. Da von dieser Begünstigung (nicht zuletzt infolge der Komplexität) bis dato eher selten Gebrauch gemacht wurde, hat der Gesetzgeber § 34a EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 „reformiert“. Ob die Änderungen zu einer höheren „Nachfrage“ bzw. Nutzung führen, bleibt aber abzuwarten.

Option zur Körperschaftsbesteuerung

Nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) können Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften im ertragsteuerlichen Bereich wie Körperschaften behandelt werden. Durch einige Änderungen (z. B. können nun auch eingetragene GbRs optieren) soll die Option attraktiver werden.

Elektronische Rechnung

Im Bereich der Umsatzsteuer stellt die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für Umsätze zwischen inländischen Unternehmen (B2B) sicherlich die relevanteste Änderung dar.

Die Neuregelung tritt bereits am 1.1.2025 in Kraft. Da die Umsetzung aber einige Zeit beanspruchen wird, können nach den Vorgaben des § 27 Umsatzsteuergesetz (UStG) Übergangsregelungen genutzt werden. Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027); drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026.

Bürokratieabbau bei der Umsatzsteuer

Unter gewissen Voraussetzungen kann die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) berechnet werden, was einen Liquiditätsvorteil ermöglicht. Die relevante Vorjahresumsatzgrenze wurde von 600.000 EUR auf 800.000 EUR erhöht (gilt ab dem Besteuerungszeitraum 2024).

Die Grenze, ab der Unternehmer von der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung befreit werden können, wurde angehoben – und zwar von 1.000 EUR auf 2.000 EUR (gilt ab dem Besteuerungszeitraum 2025).

Grundsätzlich sind Kleinunternehmer (§ 19 UStG) von der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung (Nullmeldung) ab dem Besteuerungszeitraum 2024 befreit.

Anhebung von Buchführungsgrenzen

Überschreiten gewerbliche Unternehmer gewisse Buchführungsgrenzen, können sie ihren Gewinn nicht mehr mittels Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, sondern sind zur Bilanzierung verpflichtet. Die in § 141 der Abgabenordnung geregelten Grenzen wurden von 600.000 EUR auf 800.000 EUR (Umsatz) und von 60.000 EUR auf 80.000 EUR (Gewinn) erhöht. Dies gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen (mit Übergangs-regelung).

Auch die Buchführungsgrenzen in § 241a Handelsgesetzbuch wurden auf 800.000 EUR (Umsatzerlöse) bzw. 80.000 EUR (Jahresüberschuss) erhöht.

Quelle | Wachstumschancengesetz, BGBl I 2024, Nr. 108


Ordnungsmäßigkeit eines elektronischen Fahrtenbuchs

In Betriebsprüfungen gibt es oft Streit, ob Fahrtenbücher als ordnungsgemäß anzuerkennen sind. Aktuell hat das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 24.11.2023, Az. 3 K 1887/22 H[L]) Folgendes entschieden: Ein elektronisches Fahrtenbuch erfüllt nicht die Anforderungen an den Nachweis des tatsächlichen Umfangs der Privatnutzung eines betrieblichen Kfz, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nicht in der Datei selbst, sondern in externen Protokolldateien dokumentiert werden. Dem Erfordernis der zeitnahen Führung eines Fahrtenbuchs wird nicht genügt, wenn die – zwischenzeitlich auf Notizzetteln festgehaltenen – Eintragungen erst mehrere Tage oder Wochen nach Abschluss der betreffenden Fahrten vorgenommen werden.


Zuwendungsempfängerregister jetzt online

Das Bundeszentralamt für Steuern hat am 7.2.2024 mitgeteilt, dass das Zuwendungsempfängerregister ab sofort online zur Verfügung steht.

Das Zuwendungsempfängerregister umfasst alle Organisationen, die berechtigt sind, ihren Spendern Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Somit bietet das Register u. a. eine einfache Möglichkeit, sich über den Gemeinnützigkeitsstatus von Organisationen zu informieren.

Beachten Sie | Weiterführende Informationen zum Zuwendungsempfängerregister erhalten Sie unter: www.iww.de/s10443.


Förderung der energetischen Gebäudesanierung: Aktualisierte Bescheinigungen

Mit der Steuerermäßigung des § 35c Einkommensteuergesetz werden energetische Maßnahmen an zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden steuerlich gefördert. Für die hierbei mit der Steuererklärung einzureichenden Bescheinigungen stellt das Bundesfinanzministerium Muster bereit. Für energetische Maßnahmen des Jahres 2024 wurden die Musterbescheinigungen nun u. a. um Angaben zu Umfeldmaßnahmen ergänzt (vgl. BMF-Schreiben vom 6.2.2024, Az. IV C 1 – S 2296-c/20/10003 :006).


Wachstumschancengesetz: Wird der Bundesrat zustimmen?

Das milliardenschwere Wachstumschancengesetz sollte eigentlich bereits im vergangenen Jahr verabschiedet werden. Aber der Bundesrat verweigerte im November 2023 seine Zustimmung. Daher wurde der Vermittlungsausschuss angerufen – und hier konnte man sich am 21.2.2024 auf eine Beschlussempfehlung einigen. Diese hat der Bundestag bereits zwei Tage später angenommen. Damit das Gesetz (nun endlich) in Kraft treten kann, muss aber noch der Bundesrat zustimmen. Die nächste Sitzung ist für den 22.3.2024 geplant.

Beachten Sie | Die Mehrheit im Vermittlungsausschuss kam allerdings ohne die Zustimmung der Union (CDU/CSU) zustande. Denn diese hatte ihre Zustimmung u. a. davon abhängig gemacht, dass die Bundesregierung die Kürzungen beim Agrar-Diesel zurücknimmt. Ob es hier ein Einlenken gibt, bleibt ungewiss, sodass derzeit auch nicht abschätzbar ist, wie der Bundesrat am 22.3.2024 entscheiden wird.

Der vom Bundestag verabschiedete veränderte Gesetzentwurf umfasst viele Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf. So wurde das Entlastungsvolumen deutlich reduziert und die Klimaschutz-Investitionsprämie gestrichen.

Dennoch enthält das Gesetzespaket weiterhin zahlreiche steuerliche Änderungen bzw. Neuregelungen, beispielsweise die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und die befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude.


Tilgung eines geerbten Darlehens mittels „Wohn-Riester“ wohl zulässig

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg musste jüngst über einen „Wohn-Riester-Fall“ entscheiden. Hierbei ging es um einen Ehemann, der von seiner verstorbenen Frau deren Wohnung und den Darlehensvertrag geerbt hatte. Das Darlehen wollte er tilgen. Deshalb begehrte er die Bewilligung der Entnahme von gefördertem Kapital zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung aus einem Altersvorsorgevermögen (§ 92b Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz [EStG]). So viel vorab, die Entscheidung ging zugunsten des Steuerpflichtigen aus.

Hintergrund

Durch die sogenannte Riester-Rente sollen mögliche Versorgungslücken im Alter zumindest teilweise aufgefangen werden. Dies geschieht durch den Aufbau einer kapitalgedeckten Versorgung.

Staatlich gefördert wird aber auch der „Wohn-Riester“, eine Variante des Bausparens, bei der Anleger aus dem Vertrag Kapital für den Kauf oder Bau einer Wohnung erhalten. Sie können den „Wohn-Riester“ aber auch nutzen, um ein Immobilien-Darlehen abzutragen.

 

Sachverhalt

Ein Ehemann erbte als Alleinerbe von seiner Ehefrau eine durch die Ehefrau errichtete und mit dieser gemeinsam bewohnte Wohnung sowie das durch die Ehefrau zur Finanzierung der Wohnung aufgenommene Darlehen. Zur Tilgung des Darlehens begehrte der Ehemann die Bewilligung der Entnahme von gefördertem Kapital zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung aus einem Altersvorsorgevermögen.

Dies wurde ihm allerdings versagt und zwar mit folgender Begründung: Ein nach § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG für die wohnungswirtschaftliche Verwendung erforderlicher entgeltlicher Anschaffungsvorgang liege in der Person des Ehemanns nicht vor, da er die Wohnung unentgeltlich im Wege der Erbfolge erworben habe. Dies sah der Ehemann aber anders und klagte. Eine gute Entscheidung, denn das Finanzgericht Berlin-Brandenburg schloss sich seiner Ansicht an.

Die Übernahme eines Darlehens als Nachlassverbindlichkeit begründet zwar keine entgeltliche Anschaffung der finanzierten Wohnung durch den Erben. Allerdings ist die Tilgungsvariante des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG so auszulegen, dass diese auch in Fällen gilt, in denen ein Erbe ein zur Anschaffung oder Herstellung begünstigten Wohnraums aufgenommenes Darlehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernimmt.

Der Wortlaut des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verlangt zwar die Verwendung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags zur Tilgung eines zu diesem Zweck (also zur Anschaffung oder Herstellung) aufgenommenen Darlehens. Jedoch tritt der Gesamtrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Erblassers dergestalt ein, dass ihm die Anschaffung bzw. Herstellung durch den Erblasser zuzurechnen ist.

Mithin besteht eine ununterbrochene Kausalität zwischen der Tilgung des Darlehens und dem ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung aufgewandten Darlehen.

Beachten Sie | Die Deutsche Rentenversicherung Bund Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen gibt sich mit dem Urteil nicht zufrieden und hat Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Quelle | FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.12.2023, Az. 15 K 15045/23, Rev. BFH: Az. X R 2/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 239855


Kinderbetreuungskosten getrennter Eltern: Das Bundesverfassungsgericht ist gefragt

Wenn sich Eltern trennen und die Kosten für die Kinderbetreuung fortan teilen, ist bisher eine Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug der Kinderbetreuungskosten, dass das Kind zum Haushalt des Elternteils gehört hat. Dagegen klagt nun ein Steuerpflichtiger vor dem Bundesverfassungsgericht.

 

Hintergrund: Betreuen Eltern ihre Kinder nicht nur selbst, sondern beauftragen damit auch weitere Personen, können die Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden. Damit das Finanzamt die Kosten anerkennt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG)):

  1. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung handeln.
  2. Das Kind muss zum Haushalt gehören.
  3. Das Kind darf das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
  4. Die Rechnung muss unbar bezahlt werden.

 

Liegen die Voraussetzungen vor, können die Kosten zu 2/3 und mit maximal 4.000 EUR pro Jahr als Sonderausgaben abgesetzt werden.

Bei getrennt lebenden Eltern scheitert der Abzug oft an der Nr. 2. Das heißt: Es ist nur der Elternteil zum Abzug der Kosten berechtigt, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Gegen diese Vorschrift hatte sich ein Vater vor dem Bundesfinanzhof gewehrt und verloren – jetzt geht er einen Schritt weiter und hat Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Quelle | BFH-Urteil vom 11.5.2023, Az. III R 9/22, Verfassungsbeschwerde: BVerfG Az. 2 BvR 1041/23


Doppelte Haushaltsführung: Mietzahlungen für Zweitwohnung durch den anderen Ehegatten dennoch abzugsfähig

Nach Ansicht des Finanzgerichts Nürnberg sind die bei einer doppelten Haushaltsführung eines Ehegatten angefallenen Mietzahlungen für die Zweitwohnung, die durch den anderen Ehegatten von dessen Konto geleistet wurden, wegen der ehelichen Wirtschafts-/Lebensgemeinschaft dem die Haushaltsführung begründenden Ehegatten als eigene Werbungskosten zuzurechnen. Wegen der Lebens-/Wirtschaftsgemeinschaft sind die Grundsätze zur Kostentragung und zum Drittaufwand hier nicht anwendbar.

Hintergrund zur doppelten Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige außerhalb des Orts, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beruflich tätig ist und auch am Ort der beruflichen Tätigkeit wohnt.

Als Werbungskosten abziehbar sind die notwendigen Mehraufwendungen. Dies sind vor allem:

  • Kosten der Zweitwohnung (Miete, Betriebskosten etc. bis maximal 1.000 EUR im Monat),
  • Kosten für Familienheimfahrten (begünstigt ist eine Fahrt pro Woche vom Beschäftigungsort zur Erstwohnung),
  • Verpflegungsmehraufwand (Pauschalen für die ersten drei Monate nach Bezug der Zweitwohnung).

Empfehlung für die Praxis

Da gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg die Revision anhängig ist, steht noch nicht fest, ob man sich auf dieses günstige Urteil verlassen kann. Zur Sicherheit sollten die Kosten daher durch den die doppelte Haushaltsführung begründenden Ehegatten beglichen werden.

Quelle | FG Nürnberg, Urteil vom 21.10.2022, Az. 7 K 150/21, Rev. BFH: Az. VI R 16/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 239027


Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen: 150 EUR bleiben weiter „steuerfrei“

Die von einer gesetzlichen Krankenkasse auf Basis von § 65a Sozialgesetzbuch V gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten kann eine die Sonderausgaben mindernde Beitragserstattung darstellen. Hierzu hatte die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 16.12.2021 eine Vereinfachung geschaffen: Bonusleistungen bis zur Höhe von 150 EUR pro versicherte Person stellen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dar und mindern die Sonderausgaben nicht. Diese Regelung wurde bis Ende 2023 befristet – und nun für bis zum 31.12.2024 geleistete Zahlungen verlängert (BMF-Schreiben vom 28.12.2023, Az. IV C 3 – S 2221/20/10012 :005).


Private Veräußerungsgeschäfte im Zusammenhang mit Erbfällen und Selbstnutzung

Ein privates Veräußerungsgeschäft (§ 23 Einkommensteuergesetz [EStG]) liegt nicht vor, wenn der an einer Erbengemeinschaft Beteiligte einen Erbanteil an der Erbmasse, zu der ein Grundstück gehört, hinzuerwirbt und das Grundstück innerhalb von zehn Jahren mit Gewinn veräußert. Diese positive Entscheidung hat der Bundesfinanzhof getroffen. Frohe Kunde kommt auch vom Finanzgericht Münster, wonach der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchrecht keine Veräußerung i. S. des § 23 EStG darstellt. Weniger erfreulich sind zwei Urteile des Bundesfinanzhofs, in denen es um die Steuerbefreiung bei einer Selbstnutzung der Immobilie ging.

Hintergrund: Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Besteuerung. Ausgenommen sind nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG aber Wirtschaftsgüter, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Erwerb eines Anteils einer Erbengemeinschaft mit Grundstück

Dem Urteil des Bundesfinanzhofs lag folgende (vereinfachte) Thematik zugrunde:

Beispiel

Die Erbmasse der aus A und B bestehenden Erbengemeinschaft besteht aus einem vom Erblasser bis zu seinem Tod selbstgenutzten Grundstück. A erwirbt in 2020 den hälftigen Gemeinschaftsanteil von B für 250.000 EUR und veräußert das Grundstück in 2023 für 600.000 EUR. Fraglich ist nun, ob sich aus der Grundstücksveräußerung in Bezug auf den für 250.000 EUR erworbenen Erbanteil ein steuerpflichtiger Gewinn nach § 23 EStG ergibt.

Beachten Sie | Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums entsteht durch den Verkauf ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn – und auch das Finanzgericht München ging im Streitfall von einem steuerpflichtigen Vorgang aus. Gut, dass die Revision eingelegt wurde, denn der Bundesfinanzhof hat § 23 EStG verneint.

Auf den Punkt gebracht, bedeutet die neue Entscheidung Folgendes: Derjenige, der als Beteiligter einer Erbengemeinschaft einen Erbanteil an einer Erbmasse erwirbt, zu der auch ein Grundstück gehört, das er nachfolgend innerhalb von zehn Jahren veräußert, löst keinen Vorgang nach § 23 EStG aus. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20.4.2004 eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht länger fest.

Beachten Sie | Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die neue Entscheidung reagieren wird, und ob sie ihre bisherige Auffassung ändert.

Entgeltlicher Verzicht auf ein Nießbrauchrecht

Im Streitfall des Finanzgerichts Münster wurde der Steuerpflichtigen in 2008 durch ein Vermächtnis ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück zugewendet. Im Jahr 2012 überließ sie das Grundstück an eine Kommanditgesellschaft, an der sie als Gesellschafterin beteiligt war. Die Mieteinnahmen stellten Sonderbetriebseinnahmen dar.

Nachdem sie 2018 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden war, überführte sie das Nießbrauchrecht mit einem Wert von 0 EUR in ihr Privatvermögen und erfasste die Mieteinnahmen fortan als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im November 2019 verzichtete sie gegen eine Entschädigungszahlung auf ihr Nießbrauchrecht.

Das Finanzamt vertrat nun die Ansicht, dass die Ablösung des Nießbrauchs nach § 23 EStG zu besteuern sei, da die Entnahme des Nießbrauchrechts aus dem Sonderbetriebsvermögen zu einer Anschaffung geführt habe. Somit sei der entgeltliche Verzicht innerhalb der – wegen der Nutzung als Einkunftsquelle nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG verlängerten – zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt. Die Steuerpflichtige hielt dem entgegen, dass das Nießbrauchrecht nicht veräußert, sondern – als nicht übertragbares Recht – nur abgelöst wurde. Sie legte in der Folge Klage ein – und zwar erfolgreich.

Ein Nießbrauchrecht ist ein gegenüber dem Eigentum an der belasteten Sache verselbstständigtes, dingliches Nutzungsrecht und damit ein (einlage- und entnahmefähiges) Wirtschaftsgut i. S. des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Somit hatte die Steuerpflichtige das Nießbrauchrecht in 2018 durch Entnahme in das Privatvermögen übernommen.

Das Nießbrauchrecht war durch den entgeltlichen Verzicht in 2019 jedoch nicht veräußert worden. Denn eine Veräußerung setzt nicht nur die Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs voraus, sondern auch einen Rechtsträgerwechsel an dem veräußerten Wirtschaftsgut.

Merke | Der Verzicht auf ein Nießbrauchrecht führt somit nicht dazu, dass dieses Wirtschaftsgut an den Grundstückseigentümer (zurück) übertragen wird, sondern zu dessen Erlöschen. Insofern handelt es sich um die endgültige Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz und damit um einen veräußerungsähnlichen Vorgang, der von § 23 EStG aber nicht erfasst wird.

Beachten Sie | Ob der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchrecht ein Veräußerungsvorgang oder lediglich ein veräußerungsähnlicher Vorgang ist, wurde vom Bundesfinanzhof im Kontext des § 23 EStG bisher noch nicht entschieden. Daher hat das Finanzgericht Münster die Revision zugelassen.

Keine Steuerbefreiung für Verkauf eines Gartengrundstücks

Im Streitfall erwarben die Steuerpflichtigen ein Grundstück mit einem alten Bauernhofgebäude. Das Gebäude bewohnten sie selbst. Das Gebäude war von einem fast 4.000 qm großen Grundstück umgeben. Dieses nutzten die Steuerpflichtigen als Garten.

Später teilten sie das Grundstück in zwei Teilflächen. Sie bewohnten weiterhin das Haus auf dem einen Teilstück. Den anderen – unbebauten – Grundstücksteil veräußerten sie innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist. Das Finanzamt sah hierin einen steuerpflichtigen Vorgang und besteuerte den Veräußerungsgewinn. Dagegen machten die Steuerpflichtigen eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG) geltend – jedoch zu Unrecht, wie der Bundesfinanzhof befand.

Er stellte klar, dass eine Ausnahme von der Besteuerung nur dann vorliegt, wenn die Immobilie vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Mangels eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes können unbebaute Grundstücke jedoch nicht bewohnt werden, sodass der Befreiungstatbestand nicht greift. Dies gilt auch, wenn ein vorher als Garten genutzter Grundstücksteil abgetrennt und dann veräußert wird.

Merke | Mit der Teilung entstehen aus dem bis dahin einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden zwei neue Wirtschaftsgüter (Grundstücke), deren Nutzung zu eigenen Wohnzwecken jeweils getrennt zu betrachten ist.

Keine eigenen Wohnzwecke bei Nutzung durch (Schwieger-)Mutter

Ehegatten überließen eine ihnen gehörende Wohnung an die (Schwieger-)Mutter. Nach deren Tod verkauften sie die Wohnung innerhalb der Zehnjahresfrist und machten für den Veräußerungsgewinn eine Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung geltend, da ihnen die Nutzung der Wohnung durch die (Schwieger-)Mutter als Eigennutzung zuzurechnen sei.

Auch in diesem Fall hat der Bundesfinanzhof zulasten der Steuerpflichtigen entschieden. Der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt grundsätzlich voraus, dass die Immobilie vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt.

Ein Gebäude wird zwar auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Steuerpflichtige es einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen vor, wenn die Überlassung nicht ausschließlich an ein einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind, sondern zugleich an einen Dritten (z. B. die Kindesmutter) erfolgt.

Beachten Sie | Der Bundesfinanzhof hat es abgelehnt, die Wertung von § 4 S. 2 des Eigenheimzulagengesetzes, wonach eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch vorliegt, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen i. S. des § 15 der Abgabenordnung zu Wohnzwecken überlassen wird, auf § 23 EStG zu übertragen.

Quelle | BFH-Urteil vom 26.9.2023, Az. IX R 13/22; FG Münster, Urteil vom 12.12.2023, Az. 6 K 2489/22 E; BFH-Urteil vom 26.9.2023, Az. IX R 14/22; BFH-Urteil vom 14.11.2023, Az. IX R 13/23


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