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Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Vergabe ist stets kostenfrei

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) warnt erneut vor amtlich aussehenden Schreiben, in denen eine kostenpflichtige Registrierung, Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) angeboten wird.

Diese im Umlauf befindlichen Schreiben stammen weder vom BZSt noch von einer anderen amtlichen Stelle. Die Vergabe der USt-IdNr. durch das BZSt erfolgt stets kostenfrei.

Quelle | BZSt, Mitteilung vom 15.3.2017 „Warnung vor irreführenden Angeboten auf kostenpflichtige Registrierung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNrn.)“


Zum Umsatzsteuersatz bei einer Krankenhaus-Cafeteria

Handelt es sich bei der Abgabe von Speisen und Getränken in einer Krankenhaus-Cafeteria um ermäßigt zu besteuernde Lebensmittellieferungen (7 %) oder um regelbesteuerte Restaurationsumsätze (19 %)? Mit dieser Frage musste sich das Finanzgericht Berlin-Brandenburg befassen.

Sachverhalt

Ein Unternehmer betrieb in zwei Krankenhäusern jeweils eine Cafeteria. Von den Krankenhausbetreibern hatte er Lagerräume, Räume zur Installation von Küchen sowie Flächen zur Aufstellung von Verkaufstheken gemietet. Außerhalb der angemieteten Verkaufsflächen befanden sich – ohne Trennwände – nicht mitvermietete Tische und Stühle, die dem Krankenhaus gehörten. Die Tische und Stühle wurden nicht nur, aber auch von den Kunden des Unternehmers zum Verzehr der Speisen und Getränke benutzt. Außerhalb der Öffnungszeiten standen sie Patienten und Besuchern als Treffpunkt und Aufenthaltsraum zur Verfügung.

Die angebotenen Speisen (Fertiggerichte, Suppen, Kuchen und Eis, teils aus Tiefkühlkost, teils selbst hergestellt) wurden über die Theke sowohl in Einweggeschirr als auch auf Porzellangeschirr ausgegeben. Teilweise wurden Speisen durch das Thekenpersonal für gehbehinderte Kunden auch am Tisch serviert. Die Kunden räumten ihr benutztes Geschirr in der Regel selbst ab. Mitarbeiter des Unternehmers reinigten bei Bedarf die Oberflächen der Tische und Stühle.

Das Finanzgericht beurteilte das bereitgestellte Mobiliar als Dienstleistungselement, das zum Regelsteuersatz führt. Aus Verbrauchersicht werde eine Benutzung des Mobiliars zu anderen Zwecken als zum Verzehr der angebotenen Speisen nur außerhalb der Öffnungszeiten des Betriebs geduldet. Und auch Verzehrvorrichtungen eines Dritten seien dem Betreiber wie eigene zuzurechnen, wenn sie aus objektiver Verbrauchersicht ihm zu gehören scheinen.

PRAXISHINWEIS | In der Praxis sind alle Umstände des Einzelfalls zu betrachten. So stellt es für sich allein noch kein schädliches Dienstleistungselement dar, dass Mobiliar vorhanden ist (z. B. Stehtische und Sitzgelegenheiten in den Wartebereichen von Kinofoyers). Entscheidend ist die Frage, ob die aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers für eine Dienstleistung sprechenden Elemente überwiegen.

Das Finanzgericht hat die Revision u. a. deshalb zugelassen, da es nicht abschließend geklärt ist, ob die aus Verbrauchersicht uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Tische und Stühle außerhalb der Öffnungszeiten eine Berücksichtigung als Dienstleistungselement ausschließt oder ob es allein auf die Verhältnisse während der Öffnungszeiten ankommt. Da die Revision inzwischen anhängig ist, wird der Bundesfinanzhof hierzu Stellung nehmen müssen.

Quelle | FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.10.2016, Az. 7 K 7248/14, Rev. BFH Az. V R 61/16


Vorsteuer: Bundesfinanzhof setzt bei der Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen neue Maßstäbe

Eine Rechnungsberichtigung wirkte bisher nicht auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück. Dies führte mitunter zu hohen Nachzahlungszinsen, weil die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt der berichtigten Rechnung gewährte. Nachdem der Europäische Gerichtshof diese Zinsbelastung kürzlich als EG-rechtswidrig eingestuft hatte, hat der Bundesfinanzhof die Ausgestaltung dieser neuen Rückwirkungslogik erstmals konkretisiert.

Welche Mindestanforderungen an die Rechnung zu stellen sind, damit diese rückwirkend berichtigt werden kann, blieb in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (leider) offen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs liegt eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vor, wenn sie fünf elementare Grundangaben enthält, also Angaben

  • zum Rechnungsaussteller,
  • zum Leistungsempfänger,
  • zur Leistungsbeschreibung,
  • zum Entgelt und
  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.

Es reicht, so der Bundesfinanzhof, aus, dass die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ist es beispielsweise ausreichend, dass die Rechnung über „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ ausgestellt ist. Demnach dürften die Finanzämter die neue Rückwirkungssystematik nur im Ausnahmefall an lediglich rudimentären Allgemeinbeschreibungen in der Ursprungsrechnung scheitern lassen können.

Auch hinsichtlich des spätesten Korrekturzeitpunkts der Rechnung blieb der Europäische Gerichtshof unkonkret – nicht aber der Bundesfinanzhof: Mangels gesetzlicher Festlegung ist auf den auch in anderen Rechtsbereichen maßgeblichen Stichtag „Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht“ abzustellen.

Empfehlungen und Ausblick

Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung die neue Rechtsprechung zeitnah übernimmt. Bis dahin sollten entsprechende Sachverhalte offengehalten werden.

Der Europäische Gerichtshof hält die Verzinsung zwar für unangemessen. Die Mitgliedstaaten sind aber befugt, Sanktionen bei Nichterfüllung der formellen Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorzusehen – etwa die Auferlegung einer Geldbuße. Inwiefern der deutsche Gesetzgeber hier tätig werden wird, bleibt abzuwarten.

Quelle | BFH-Urteil vom 20.10.2016, Az. V R 26/15; EuGH vom 15.9.2016, C-518/14, Rs. Senatex


Unterbringung von Saisonarbeitskräften aus Umsatzsteuersicht

Bei der Unterbringung von Saisonarbeitskräften ist von einer kurzfristigen und damit umsatzsteuerpflichtigen Vermietung auszugehen, wenn das Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern sollte. Dies ergibt sich aus einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen.

Werden den Saisonarbeitskräften dagegen für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten feste Unterkünfte gewährt, dann ist die Vermietung umsatzsteuerfrei. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht möglich.

Quelle | OFD Niedersachsen, Verfügung vom 4.11.2016, Az. S 7168-133-St 173


Umsatzsteuerberichtigung bei Sollbesteuerung: Wann sind Provisionsforderungen uneinbringlich?

Nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen kann eine Umsatzsteuerberichtigung im Zeitpunkt der Leistungserbringung für solche Provisionsraten erfolgen, deren Fälligkeit mehr als zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung liegt. Die Entscheidung, die u. a. für Ratenzahlungsverkäufe große praktische Bedeutung hat, will die Verwaltung aber nicht akzeptieren und hat Revision eingelegt.

Hintergrund

Bei der Sollbesteuerung schulden Unternehmer dem Finanzamt die Umsatzsteuer unabhängig davon, wann die Kunden die Rechnung bezahlen. Der Unternehmer muss also insoweit in Vorleistung treten. Eine Berichtigung der Umsatzsteuer kann grundsätzlich nur bei Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts erfolgen.

Uneinbringlichkeit bei Sicherungseinbehalten

An diesem Grundsatz hat der Bundesfinanzhof in 2013 gerüttelt und entschieden, dass Uneinbringlichkeit auch bei im Baugewerbe üblichen Sicherungseinbehalten möglich ist. Danach kann für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung eine Berichtigung erfolgen, soweit der Unternehmer seinen Entgeltanspruch wegen eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über zwei bis fünf Jahre nicht verwirklichen kann.

Für eine Uneinbringlichkeit auf Zeit reicht es, wenn der Unternehmer das Entgelt nicht vereinnahmt, weil er keine Bankbürgschaft stellen kann.

Die Finanzverwaltung wendet dieses Urteil zwar inzwischen an, aber nur mit erheblichen Einschränkungen. Danach muss der Unternehmer nachweisen, dass für jeden Vertrag konkrete, im Einzelnen vom Unternehmer begehrte Gewährleistungsbürgschaften beantragt und abgelehnt wurden.

Es bleibt zu hoffen, dass sich der Bundesfinanzhof in dem nun anhängigen Verfahren ausführlich zu der Thematik „Vorfinanzierungsverpflichtung über mehrere Jahre“ äußern wird.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 18.8.2016, Az. 5 K 288/15, Rev. BFH Az. V R 51/16; BFH-Urteil vom 24.10.2013, Az. V R 31/12; BMF-Schreiben vom 3.8.2015, Az. III C 2 – S 7333/08/10001 :004


Wichtige Aspekte zur Umsatzsteuer

Im Bereich der Umsatzsteuer sind keine einschneidenden Gesetzesänderungen in „der Pipeline“. Demzufolge ist hier primär auf allgemeine Grundsätze, Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen hinzuweisen.

Ist-Besteuerung

Die Umsatzsteuer ist grundsätzlich mit der Leistungsausführung abzuführen, was die Liquidität belasten kann (Soll-Besteuerung). Unter Voraussetzungen kann eine Umsatzbesteuerung auf Antrag aber auch erst im Vereinnahmungszeitpunkt (Ist-Besteuerung) erfolgen. Dies ist u. a. dann möglich, wenn der Umsatz im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat.

Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 18.8.2015, Az. V R 47/14 sowie Urteil vom 18.11.2015, Az. XI R 38/14) hat jüngst herausgestellt, dass ein ausdrücklicher Antrag und eine ausdrückliche Gestattung seitens des Finanzamts nicht zwingend erforderlich sind. Der Antrag und die Gestattung können somit grundsätzlich auch konkludent erfolgen.

PRAXISHINWEIS | Um Streitigkeiten bereits im Vorfeld auszuschließen, sollte die explizite Antragstellung (weiter) bevorzugt und auf eine förmliche Gestattung durch das Finanzamt gedrängt werden.

Rechnungsanforderungen

Das Umsatzsteuergesetz enthält umfassende Vorgaben, wie eine Rechnung auszusehen hat. Nur wenn die sogenannten Pflichtangaben enthalten sind, ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Danach muss eine Rechnung insbesondere folgende Punkte enthalten:

  • Vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
  • Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
  • Ausstellungsdatum,
  • fortlaufende Rechnungsnummer,
  • Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung,
  • Lieferungs- bzw. Leistungszeitpunkt,
  • nach Steuersätzen und -befreiungen aufgeschlüsseltes Entgelt.

Beachten Sie | Bei Kleinbetragsrechnungen (150 EUR; ab 2017: 200 EUR geplant) gelten Vereinfachungen.

PRAXISHINWEISE | Unternehmer sind gut beraten, die Eingangsrechnungen sorgfältig zu prüfen, um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden.

Zudem ist zu beachten, dass einige Punkte noch nicht endgültig geklärt sind. Beispielsweise hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof mit zwei Beschlüssen vom 6.4.2016 die Frage vorgelegt, ob eine Anschrift bereits dann vollständig ist, wenn der leistende Unternehmer unter dieser Anschrift postalisch erreichbar ist oder ob es darauf ankommt, dass er unter dieser Anschrift seine wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet?

Betriebsveranstaltungen

Seit 2015 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr ein lohnsteuerlicher Freibetrag von je 110 EUR pro Arbeitnehmer. Diese Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen -freien Teil gilt aber nicht für Umsatzsteuerzwecke (BMF-Schreiben vom 19.4.2016, Az. III C 2 – S 7109/15/10001). Umsatzsteuerlich ist nach wie vor die 110 EUR-Freigrenze maßgebend. Somit scheidet ein Vorsteuerabzug aus, wenn von vornherein feststeht, dass auf die teilnehmenden Arbeitnehmer mehr als 110 EUR pro Person an Aufwendungen anfallen. Darauf ist bei den nun anstehenden Weihnachtsfeiern zu achten!

Fotobücher

Für vor 2017 ausgeführte Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Fotobüchern wird es auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers nicht beanstandet, wenn der Unternehmer diese Umsätze dem ermäßigten Steuersatz (7 %) unterwirft. Dieses Zugeständnis des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 20.4.2016, Az. III C 2 – S 7225/12/10001) endet zum Jahresende. Somit ist für Fotobücher ab 2017 der umsatzsteuerliche Regelsteuersatz von 19 % maßgebend.


Vorsteuerabzug: Der Europäische Gerichtshof hält rückwirkende Rechnungsberichtigungen für zulässig

Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist es möglich, fehlerhafte Rechnungen auch rückwirkend zu berichtigen. Damit kann der Vorsteuerabzug gerettet und eine Verzinsung vermieden werden.

Hintergrund

Wird der Vorsteuerabzug in einer Betriebsprüfung wegen einer unvollständigen Rechnung versagt, kann dies mitunter zu hohen Nachzahlungszinsen führen. Nach Ansicht der Verwaltung kann der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen nämlich erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem der Rechnungsaussteller die Rechnung berichtigt und die zu berichtigenden Angaben an den Rechnungsempfänger übermittelt hat.

Ob eine Rechnung auch rückwirkend berichtigt werden kann, sodass keine Verzinsung anfällt, wird in Deutschland seit Jahren diskutiert. Aktuell hat der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung nach einer Vorlage des Finanzgerichts Niedersachsen präzisiert.

Entscheidung

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs können Rechnungen mit Rückwirkung auf den ursprünglichen Ausstellungszeitpunkt berichtigt werden. Durch die deutsche Handhabung wird die Neutralität der Umsatzsteuer eingeschränkt.

Beachten Sie | Der Europäische Gerichtshof hält die Verzinsung zwar für unangemessen. Allerdings sind die Mitgliedstaaten befugt, Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung der formellen Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorzusehen – etwa die Auferlegung einer Geldbuße oder einer finanziellen Sanktion, die in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht.

Offene Fragen

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist sicherlich zu begrüßen. Es ist jedoch auch zu konstatieren, dass (erneut) nicht alle relevanten Fragen beantwortet wurden. So erging das Urteil zur Rückwirkung einer nachträglich ergänzten USt-Identifikationsnummer. Welche Mindestanforderungen an die Rechnung zu stellen sind, damit diese rückwirkend berichtigt werden kann, blieb (leider) offen.

Ebenfalls ungeklärt ist der späteste Korrekturzeitpunkt – oder mit anderen Worten: Bis zu welchem Zeitpunkt muss eine Rechnung korrigiert werden, um Rückwirkung entfalten zu können?

Angesichts dieser offenen Fragen wird es wohl noch etwas dauern, bis endlich Rechtssicherheit besteht.

Quelle | EuGH vom 15.9.2016, C-518/14


Kleinunternehmer: Umsatzgrenze darf auch nicht geringfügig überschritten werden

Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich maximal 50.000 EUR beträgt und darüber hinaus im Vorjahr nicht mehr als 17.500 EUR betragen hat. Ergibt sich aber im Zuge einer Betriebsprüfung, dass die Umsatzgrenze von 17.500 EUR geringfügig überschritten wurde, ist die Kleinunternehmerregelung nicht anwendbar – und zwar von Anfang an, so das Finanzgericht Sachsen-Anhalt.

Der Unternehmer argumentierte zwar im Streitfall, dass es nicht gewollt sein kann, dass erst Jahre später erlangte Erkenntnisse soweit zurückwirken, dass sie das ursprünglich bekannte Wissen ersetzen. Dies überzeugte das Finanzgericht aber nicht. Vielmehr hat der Unternehmer das Risiko der zutreffenden Ermittlung der Umsätze zu tragen. Die Grenze von 17.500 EUR ist starr, sodass auch ein geringfügiges Überschreiten deren Anwendung ausschließt. Umfang und Umstände des Überschreitens sind ohne Bedeutung.

Beachten Sie | Ist der Unternehmer aber subjektiv von einem Nichtüberschreiten ausgegangen und hat er die Kleinunternehmerregelung deswegen weiter angewendet, kommt gegebenenfalls eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht. Diese ist aber in einem gesonderten Billigkeitsverfahren und nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung zu überprüfen.

Quelle | FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.7.2016, Az. 4 V 1379/15


Steuerbefreiung auch bei zwischenzeitlich ungültig gewordener Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Nach Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg reicht es aus, dass ein Kfz-Händler bei einem EU-Geschäft die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Geschäftspartners bei Vertragsschluss überprüft.Wird die USt-IdNr. während der Geschäftsabwicklung ungültig, muss der Händler sich dieses nicht zurechnen lassen.

Sachverhalt

Ein deutscher Kfz-Händler (D) verkaufte ein Fahrzeug an ein spanisches Unternehmen (ES). D behandelte den Umsatz als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Nachschau versagte das Finanzamt die Steuerbefreiung. Die von ES angegebene USt-IdNr. sei zwar bei Vertragsschluss, nicht aber im (späteren) Lieferzeitpunkt gültig gewesen.

Diese Ansicht teilte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg aber nicht. Vielmehr habe D mit Abfrage der USt-IdNr. beim Bundeszentralamt für Steuern im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Bestätigung des Geldeingangs durch die Pro-Forma-Rechnung und der Bereitstellung des Fahrzeugs zur Abholung) alles getan, um die erforderlichen Angaben zu ermitteln.

Allein das Auseinanderfallen von Vertragsschluss und Lieferzeitpunkt verpflichtet den Lieferer nicht, die beim Vertragsschluss korrekten Angaben (insbesondere zur USt-IdNr.) erneut und gegebenenfalls laufend in kurzen Abständen zu überprüfen.

Dies wäre allerdings dann anders, wenn

  • der Lieferer Anhaltspunkte für eine Änderung der Angaben hat oder
  • der Abnehmer eine große Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Lieferung verstreichen lässt. Eine Zeitspanne von – wie im Streitfall – elf Tagen (davon neun Tage zwischen Vertragsschluss und Liefertag) reicht dafür aber nach Ansicht des Finanzgerichts nicht aus.

Zudem verweist das Finanzgericht darauf, dass die Steuerbefreiung auch aus Gründen des Vertrauensschutzes zu gewähren wäre.

Beachten Sie | Das Finanzgericht hatte die Revision zugelassen, weil die Einzelheiten zur Aufzeichnungspflicht der USt-IdNr. nebst der Vertrauensschutzregelung bei Wegfall der USt-IdNr. während der Geschäftsabwicklung noch nicht im Einzelnen geklärt sind. Da die Finanzverwaltung jedoch keine Revision eingelegt hat, ist das Urteil inzwischen rechtskräftig.

PRAXISHINWEIS | Die vorstehende Rechtsauffassung ist noch nicht höchstrichterlich bestätigt. Somit kann es ratsam sein, die USt-IdNr. am Auslieferungstag zur Sicherheit erneut abzufragen.

Quelle | FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.11.2015, Az. 7 K 7283/13


Zur Kleinunternehmerregelung bei Differenzbesteuerung

Von Gebrauchtwarenhändlern, die die Differenzbesteuerung anwenden, wird keine Umsatzsteuer erhoben, wenn der Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreisen im Jahr nicht über der Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR liegt. So lautet zumindest die Ansicht des Finanzgerichts Köln.

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um einen Gebrauchtwagenhändler, der in 2009 und 2010 jeweils Umsätze in Höhe von ca. 25.000 EUR erzielt hatte. Da er seine Fahrzeuge von Privatpersonen ohne Umsatzsteuer ankaufte, hätte er ohnehin nur die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreisen der Umsatzsteuer unterwerfen müssen (Differenzbesteuerung). Da diese Differenzbeträge aber in beiden Jahren unter der Kleinunternehmergrenze von 17.500 EUR lagen, wollte er gar keine Umsatzsteuer abführen. Das Finanzamt hatte jedoch für 2010 Umsatzsteuer festgesetzt, da es die Kleinunternehmergrenze aufgrund des Gesamtumsatzes von 25.000 EUR als überschritten ansah – zu Unrecht, wie das Finanzgericht Köln befand.

Zum Hintergrund: Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich maximal 50.000 EUR beträgt und darüber hinaus im Vorjahr nicht mehr als 17.500 EUR betragen hat.

Nach Meinung des Finanzgerichts Köln ist bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung nur auf die Differenzumsätze und nicht auf die Gesamteinnahmen abzustellen. Die Richter stützten ihre Entscheidung auf Art. 288 der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Danach könnten bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung Umsätze nur insoweit herangezogen werden, wie sie auch tatsächlich der Besteuerungunterliegen.

Beachten Sie | Da gegen diese Entscheidung die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig ist, können geeignete Fälle offengehalten werden.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 13.4.2016, Az. 9 K 667/14, Rev. BFH Az. XI R 7/16


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