Damit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zumindest mit 1.250 EUR berücksichtigt werden können, darf der Steuerpflichtige keinen anderen Arbeitsplatz haben. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat sich nun am Beispiel eines Logopäden sehr konkret damit auseinandergesetzt, wann ein anderer Arbeitsplatz zumutbar ist.
Hintergrund: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann uneingeschränkt als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Ein Kostenabzug bis zu 1.250 EUR jährlich ist immerhin möglich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Der Bundesfinanzhof hält einen anderen Arbeitsplatz für zumutbar, wenn ihn der Steuerpflichtige „in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann“. Denn dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Für diese Tatsachenfeststellung sind verschiedene Anhaltspunkte maßgeblich. So kommt es darauf an, wie der Arbeitsplatz beschaffen ist (Größe, Lage, Ausstattung) und wie die Nutzungsbedingungen aussehen (Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes bzw. Zugang zum Gebäude etc.).
Im Streitfall war das Finanzgericht Sachsen-Anhalt davon überzeugt, dass dem Logopäden in keiner seiner beiden Praxen adäquate Büroräume zur Verfügung stehen – und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Räume der einen Praxis sind 47 km (ca. eine 3/4 Stunde Fahrtdauer) von der Wohnung entfernt. Sie werden von einer Angestellten mit fachlicher Leitung genutzt. Der Logopäde hingegen ist kaum dort.
- Die Praxis am Wohnort hat Betriebsräume, die nur eingeschränkt für andere Tätigkeiten nutzbar sind. Dort sind drei Angestellte beschäftigt, sodass die Räume dauerhaft genutzt werden.
- Das Finanzgericht gesteht dem Logopäden auch zu, dass es mit Blick auf das Praxiskonzept schwierig ist, für bestimmte Bürotätigkeiten (z. B. Patienten- oder Lohnabrechnungen) die erforderliche Vertraulichkeit zu wahren. Entsprechender Schriftverkehr und notwendige Akten können nicht oder nur sehr begrenzt offen in der Praxis aufbewahrt werden. So hat die Praxis z. B. keine Empfangskraft. Die Patienten nehmen zu ihren Therapiezeiten selbstständig in der Diele Platz. Dieses offene Konzept erschwert die zu wahrende Vertraulichkeit in einem weiteren Maße.
PRAXISHINWEIS | Nach Meinung des Finanzgerichts kann der Steuerpflichtige nicht darauf verwiesen werden, die Bürotätigkeiten in den Abendstunden oder am Wochenende außerhalb der Praxisöffnungszeiten in der Praxis auszuführen. Das Finanzgericht sieht eine solche Anforderung an Steuerpflichtige als „unzumutbar“ an. Da aber die Frage der Zumutbarkeit der Nutzung betrieblicher Räume durch Selbstständige außerhalb der üblichen Praxiszeiten vom Bundesfinanzhof nicht abschließend entschieden worden sei, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, die inzwischen anhängig ist. |
Quelle | FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1.3.2016, Az. 4 K 362/15, Rev. BFH Az. III R 9/16