Das Finanzgericht Köln hält die Besteuerung von fiktiven Veräußerungsgewinnen nach dem Investmentsteuerreformgesetz für zulässig.
Sachverhalt |
Der Steuerpflichtige hatte vor dem 1.1.2018 Anteile an einem Aktienfonds für 135,3844 EUR pro Anteil erworben. Im Dezember 2018 veräußerte er dann Fondsanteile zu einem Veräußerungspreis von 132,3641 EUR pro Anteil. Die Bank bescheinigte fiktive Anschaffungskosten sowie einen steuerlich anzusetzenden Verlust von 3.845 EUR. Zugleich wies die Erträgnisaufstellung einen auf der Übergangsregelung in § 56 Abs. 2 des Investmentsteuergesetzes beruhenden „fiktiven Veräußerungsgewinn zum 31.12.2017“ von 6.090 EUR aus. Das Finanzamt belastete den Saldo von 2.245 EUR bei der Einkommensteuerveranlagung mit Steuern von insgesamt 592 EUR (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag). Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige mit der Begründung, dass die Versteuerung verfassungswidrig sei. Nach seinen Berechnungen habe er nur einen Veräußerungsgewinn von 597 EUR erzielt, beim Ansatz der tatsächlichen Anschaffungskosten sogar einen Verlust von 1.205 EUR. Durch die Steuerlast werde praktisch der gesamte rechnerische Veräußerungsgewinn abgeschöpft. |
Das Finanzgericht Köln ist der Sichtweise des Steuerpflichtigen nicht gefolgt. Die nach dem Investmentsteuergesetz ab 2018 durchgeführte Besteuerung ist auch dann rechtmäßig, wenn ein Veräußerungsgewinn bei wirtschaftlicher Betrachtung überproportional mit Einkommensteuer belastet oder ein entstandener Veräußerungsverlust wie ein Gewinn besteuert wird.
Mit dem Investmentsteuerreformgesetz hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel in der Fondsbesteuerung vollzogen und die Investmentbesteuerung ab 2018 grundlegend neu konzipiert. Zugleich sind Übergangsregelungen für nach alter Rechtslage angeschaffte Fondsanteile geschaffen worden. Hiernach gelten (vereinfacht dargestellt) Altanteile aus entsprechenden Investmentfonds mit Ablauf des 31.12.2017 als veräußert und zum 1.1.2018 als angeschafft. Dabei erzielte Veräußerungsgewinne sind (erst) zu versteuern, wenn der Anleger seine Anteile tatsächlich verkauft.
Die Übergangsregelung kann daher bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Kursverlauf (hoher Kurswert am 31.12.2017, später niedrigerer Kurswert im Zeitpunkt der Veräußerung) zu einer von der wirtschaftlichen Betrachtung abweichenden Besteuerung führen. Umgekehrt kann es aber auch zu einer Nichtversteuerung tatsächlich erzielter Gewinne kommen.
Beachten Sie | Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln sind solche Übergangseffekte die zwangsläufige Folge des gewählten Übergangsmodells, die insbesondere durch die gesetzgeberisch verfolgten Besteuerungs- und Vereinfachungszwecke gerechtfertigt sind.
Praxistipp | Der Steuerpflichtige hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Somit hat der Bundesfinanzhof nun bald Gelegenheit, für Klarheit zu sorgen. Bis dahin sollten geeignete Fälle mit einem Einspruch offengehalten werden. |
Quelle | FG Köln, Urteil vom 8.9.2022, Az. 15 K 2594/20, Rev. BFH: Az. VIII R 15/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 233106; FG Köln, PM vom 10.11.2022